Der Himmel ist hoch und der Zar ist weit
Noch immer lebt der Zar im Herzen sowie in den Sprichworten der Russen weiter, obwohl der letzte von ihnen zusammen mit seiner Familie im Juli 1918 ermordet wurde. Unsere heutige Stadtbesichtigung von Jekaterinburg war in vielfältiger Weise verwoben mit dem Schicksal Nikolaus II. und hat uns gezeigt, wie präsent der Monarch nach wie vor ist.
Auf dem Weg zu der Gedenkstätte, die an der Stelle errichtet wurde, an der die erschossene Zarenfamilie in einem Birkenwald vergraben worden war, kamen wir an einem anderen Ort der Erinnerung vorbei. Hier wird eines unrühmlichen Abschnitts sowjetischer Geschichte gedacht. Eine lange Tafel listet die Namen der Unglücklichen auf, die während der Stalinzeit in Ungnade fielen, nach Sibirien deportiert wurden und spurlos aus dem Leben verschwanden. „Hier ruhen die Überreste von 18.000 umgekommener und erschossener Landsleute“ steht als Inschrift zum stillen Gedenken an den stalinistischen Terror.
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Das regnerische graue Wetter paßte zu der vorherrschenden Stimmung. Der Himmel weinte bei so viel Unrecht, das Menschen grausam angetan wurde.
Kurz danach überquerten wir bei der Weiterfahrt die Kontinentalgrenze zwischen Europa und Asien.
Lange Zeit hatten sich die Wissenschaftler darüber gestritten, wo genau diese Grenze verläuft. Letztlich wurde diejenige Theorie international anerkannt, die besagt, daß das gewaltige Aufeinandertreffen der bis dahin getrennten Kontinente zu einer Aufwerfung und damit zur Entstehung des Urals geführt hatte. Wie zum Beweis fließen alle dort entspringenden Flüsse westlich des Urals nach Westen und östlich dieses Mittelgebirges nach Osten.
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Als wir das Kloster der „Heiligen Zarenmärtyrer“ erreicht hatten, gab es für die Damen wieder Kopftuch- und Rockpflicht. Bei den kühlen Temperaturen nicht wirklich unangenehm!
Die gesamte Anlage - bestehend aus sieben Holzkirchen und einigen Statuen - wurde genau um den Schacht herum erbaut, in dem erst 1979 die Gebeine der ermordeten Herrscherfamilie gefunden wurden. In der Nacht vom 16. auf den 17. Juli 1918 waren Nikolaus II., seine Frau und seine fünf Kinder sowie vier treue Bedienstete auf Befehl Lenins erschossen worden. Die Mörder brachten die Leichen aus der Stadt und verscharrten sie in einer ehemaligen Eisenerzgrube. Um diese historische Stätte wurden Kirchen gebaut, die heutzutage von Pilgern aus aller Welt besucht werden. Der „Schacht“ ist nach wie vor gut zu erkennen.
Viele Gläubige beten in den Kirchen und auch die Zarenbüste wird berührt, geküßt, verehrt. Jürgen verhalf ein paar russischen Mütterchen zu einem Foto mit Zar Nikolaus.
Nach ausgiebiger Besichtigung dieses wichtigen Ortes der Geschichte Russlands, sollte auch der „Tatort“ besucht werden. Nachdem die Zarenfamilie abgedankt hatte und von den Bolschewiken nach Jekaterinburg verbannt worden war, saßen sie im Hausarrest und wurden vor den heran nahenden monarchistischen Weißgardisten in einer Villa versteckt. In jener schicksalhaften Nacht, wurden die Unglücklichen in den Keller geführt und exekutiert. An der Stelle des damaligen Hauses steht heute die „Kathedrale auf dem Blut“.
Vor der Kirche erinnert ein Denkmal an den schweren Gang die Treppe hinab in den Keller. Der Zar trägt dabei seinen kranken Sohn im Arm. Die Kathedrale ist zweigeschossig. Durch den Haupteingang gelangt man in eine niedrige Etage, die diesen Keller symbolisieren soll. Reiseleiter Dima, der in Kirchen nicht nur Handys auflädt, sondern sich durchaus auch göttlichen Beistand erbittet, betet für ein gutes Gelingen der Seidenstraßen-Tour.
Ein Stockwerk höher im oberen Kirchenschiff öffnet sich plötzlich der Blick in eine unerwartet hohe, leuchtend bemalte Kuppel. Für russische Gläubige trägt diese Kathedrale eine unermessliche Energie in sich.
Doch auch die weltlichen Teile der Millionenstadt sollten unserer Reisegruppe näher gebracht werden. Allen voran natürlich das Fußballstadion, das in Kürze auf Fernsehbildschirmen auf dem ganzen Globus zu sehen sein wird. Wir haben es live und in Farbe gesehen - leider ohne Kicker. Da sind wir ein paar Tage zu früh!
Der imposante Bahnhof hat auch eine gewisse Berühmtheit, denn die Transsibirische Eisenbahn macht hier Station. Klingt irgendwie abenteuerlich aber wir sind uns einig:
Unsere Wohnmobile tauschen wir nie und nimmer gegen ein Zugabteil ein!
Stadtbesichtigungen machen hungrig und so kehrten wir zwischendurch in einem Selbstbedienungs-Restaurant ein. Dieser Teil des Tages wäre längst in Vergessenheit geraten, wenn nicht......ja wenn nicht die Damentoilette ein echter Hingucker gewesen wäre.
Nach und nach wurde jede der Mitreisenden animiert „Geh doch mal für kleine Mädchen! Geh doch mal müssen!“ und alle kamen kichernd zurück. Das Interieur war aber auch wirklich ungewöhnlich reizvoll. Wieder mußte Dima ran! Als Reiseleiter ist man ja schließlich immer im Dienst. „Komm rein für einen Vergleich, lieber Dima!“ Das Ergebnis war schnell sehr eindeutig: „Wir tauschen weder unsere Wohnmobile gegen die Transsibirische Eisenbahn noch unseren Dima gegen diese halbnackten Mannsbilder!“
Wer nach all diesen extrem vielfältigen Eindrücken noch Platz auf der Festplatte hatte, blieb in der Stadt. Alle anderen ruhten sich am Stellplatz etwas aus. Ann-Carolin und Joachim fuhren in den 52. Stock des Visotsky Centers und bekamen einen tollen Blick über die Stadt geboten. Danke für die Fotos!
Fest steht, Jekaterinburg hat uns alle begeistert. Aus dem 1723 gegründeten Städtchen ist eine moderne Großstadt geworden mit hohem Unterhaltungspotential. Und wenn man - wie wir - ganz zentral untergebracht ist, dann steht auch einem Ausflug ins farbglühende Nachtleben nichts im Wege......
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