Fahrtag 36: Mbeya (Tansania) - Kalungu (Sambia) 154 Kilometer
Afrikanischer Grenzübergang vom Feinsten
Da wir heute nur so eine kurze Etappe zu bewältigen hatten und wir inzwischen stolze Besitzer eines Carnet de Passage sind, hatten wir zwar Respekt vor der Grenze aber keine größere Sorge. Wir stellten uns vor, daß wir mittlerweile mit allen Wassern gewaschen sind und planten mit maximal zwei Stunden für die Grenzformalitäten.
Daß es wieder einmal anders kam als gedacht und wir doppelt so lange im Grenzort Tunduma zubrachten, hatte verschiedene Gründe.....
Wieder einmal sind wir früh gestartet und hatten einige heftige LKW-Staus zu überwinden, mußten auf den Bergaufstrecken fast auf der Stelle fahrende Laster überholen und gleichzeitig jederzeit darauf gefaßt sein, daß uns ein Überlandbus in halsbrecherischem Tempo auf unserer Spur entgegen kommt.
Wir schafften all das und konnten auch den meisten Schlaglöchern erfolgreich ausweichen. Der Grenzort rückte immer näher und wie so oft lagen LKW-Wracks am Straßenrand, die uns eindringlich daran erinnerten, daß das Fahren auf kenianischen und tansanischen Straßen wirklich gefährlich ist.
|
|
Wir Ihr Euch vorstellen könnt, sind wir Reiseleiter jeden Abend aufs Neue dankbar und froh, wenn der Letzte der Gruppe im Ziel eingetroffen ist. Heute hatten wir ein Zwischenziel und das hieß: Tunduma/Grenze. Wie üblich ein Ort voller Menschen, Staub und Laster.
Als wir alle vollzählig versammelt waren, wurden die Pässe recht zügig gestempelt. Dann gingen wir voller Vorfreude zur Zollbehörde, denn mit den neuen Zollpapieren aus Südafrika sollte die Sache eigentlich wie am Schnürchen laufen.
|
Wir legten die Dokumente mit der richtigen Seite aufgeschlagen auf den Tresen, um es dem Zollbeamten so einfach wie möglich zu machen.
Das war vielleicht ein Fehler.
Es schauten zwar immer mal alle möglichen Leute bei uns vorbei, so richtig zuständig fühlte sich aber niemand. Wahrscheinlich hatten wir den Zöllner verschreckt, denn das sah ja nun wirklich nach einem ganzen Haufen Arbeit aus. Nach einigen höflichen Nachfragen in den verschiedensten Büros, erbarmte sich schließlich doch jemand und gab uns die nötigen Ausreisestempel.
|
Nun hatten wir die Hälfte geschafft - dachten wir!
Inzwischen hatte sich aber ein LKW-Fahrer bei einem Polizisten gemeldet und behauptete steif und fest, daß eines unserer Fahrzeuge ihn bei der Anfahrt zur Grenze touchiert habe, so daß nun Spiegel und Blinker zu Bruch gegangen seien. Was nun? Sofort bildete sich eine ganze Traube junger Männer rund um das Auto und wollte die Weiterfahrt verhindern. Einer griff sogar ins Fahrerhaus hinein und bekam blitzschnell den Autoschlüssel in die Finger. Karl schnappte sich den Burschen und nahm ihn in den Schwitzkasten. Bevor ein richtiger Kampf entbrennen konnte, steckte der Angreifer den Schlüssel einem Polizisten zu und setzte damit zähe Verhandlungen in Gang.
|
|
Der Polizist hielt natürlich den Dienstweg ein und rief seinen Vorgesetzten herbei. Dieser erschien in Form von drei zusätzlichen Beamten, so daß Kathrin sich plötzlich vier Uniformierten gegenüber sah. Hans-Hermann begleitete derweil den Rest der Gruppe auf die sambische Seite der Grenze, um wenigstens die Unbeteiligten aus der "Schußlinie" zu bekommen. Im alles durchdringenden orangeroten Staub harrten die Reiseteilnehmer aus und wunderten sich, wie lange der Grenzübertritt denn dieses Mal dauern würde.
Derweil spielten sich auf der anderen Seite dramatische Szenen ab. Die Polizisten inspizierten den angeblichen Schaden am LKW und suchten vergeblich nach Beweisspuren an Karl und Sylvias Fahrzeug.
Kathrin bestand darauf, erst in Verhandlungen einzutreten, wenn der Polizist ihr den Schlüssel übergeben würde. Dieser dachte natürlich nicht daran, denn das war schließlich sein Pfand. Nun begann ein psychologisch schwieriger Teil der Auseinandersetzung, denn Kathrin wollte die Ordnungshüter mit Nachdruck dazu zwingen, den Schlüssel herauszurücken, um die Oberhand zu haben, ohne sie aber zu sehr in die Enge zu drängen, damit sie ihr Gesicht wahren können.
Nach heftigen Wortwechseln übergab der Polizist schließlich den Schlüssel, den Kathrin dezent in ihrer Hosentasche verschwinden ließ. Ein erster Teilerfolg war geschafft. Hans-Hermann pendelte zwischen den Fronten hin und her, um der Gruppe Bericht erstatten zu können über den Fortgang der Verhandlungen. Mehr und mehr Menschen sammelten sich und es war inzwischen längst das Angebot ausgesprochen worden, daß eine gewissen Geldsumme die Angelegenheit vielleicht regeln könnte.
Wie häufig in solchen Situationen liegt zwischen der angebotenen und der geforderten Summe eine große Diskrepanz, die es zu überbrücken gilt. Mittlerweile hatten die Polizisten mehr und mehr die Geduld verloren und beschlossen, daß nun der Zeitpunkt gekommen sei, die Kontrahenten samt Fahrzeugen mit auf die einige Kilometer entfernte Polizeistation zu nehmen.
Wieder mußte die Reiseleitung zeigen, wofür sie da ist. Es war auf Messers Schneide, dann wäre es zu Protokoll und Anzeige gekommen. In letzter Minute konnte Kathrin die Beamten und den LKW-Fahrer davon überzeugen, daß es für alle nur Vorteile hätte, wenn sich die Sache mit ein paar 50-Dollar-Scheinen aus der Welt schaffen ließe. Puuuuh, gerade noch mal gut gegangen!
Nun konnten wir uns an den zweiten Teil des Grenzübertritts machen: Einreise nach Sambia! Bereits am Vorabend hatten wir die nötigen Formulare ausgefüllt und so standen wir alle fröhlich und ziemlich erleichtert wieder einmal in einer langen Schlange an, bis wir die nötigen Stempel im Pass hatten.
Dann war die übliche Haftpflichtversicherung abzuschließen. Wer noch nie an einer schwarzafrikanischen Grenze war, der glaubt einfach nicht, daß das hinten links im Bild befindliche Gebäude tatsächlich das Versicherungsbüro ist. Auch von innen haben wir das Ambiente im Foto festgehalten.
Während die Versicherungsagenten für sechs Fahrzeuge die Papiere vorbereiteten, ließen wir in dem kleinen staubigen Haus neben dem kleinen staubigen Auto unsere Zolldokumente abzeichnen, bevor wir in dem leicht überfüllten Hauptbüro der Zollbehörde den dazugehörigen Stempel bekamen.
Nähere Einzelheiten ersparen wir Euch. Wir hatten einen Zettel für Straßensteuer, der kontrolliert und abgezeichnet wurde. Des weiteren war noch eine Gemeindesteuer in einem anderen staubigen Zimmer zu entrichten, für die wir einen gestempelten Zettel bekamen, der einige Kilometer nach der Grenze wiederum in einem kleinen staubigen Hüttchen geprüft und ein zweites Mal abgestempelt wurde. Kaum daß wir endlich Gas gegeben hatten, wurden wir erneut gestoppt für eine allerletzte Prüfung unserer Zolldokumente.
Die gut 50 Kilometer übelster Schlaglochpiste von der Grenze bis zum Campingplatz schafften wir auch noch und am Abend luden Karl und Sylvia zu einer Bierparty ein, um den gesammelten Grenz-Staub aus den Kehlen zu spülen. Daraus wurde ein netter Abend, an dem wir uns alle gegenseitig versicherten, daß uns echt was fehlen würde, wenn wir nicht ab und zu mal eine typisch afrikanische Grenze erleben könnten....
Ach ja, und Datenvolumen fürs Internet haben wir uns auch noch an einem kleinen staubigen Stand an der Grenze besorgt, sonst hätten wir Euch nämlich die ganze Story gar nicht erzählen können.
|