Man muß das Leben tanzen - (Friedrich Nietzsche)
Wir bewegen uns weiter ostwärts durch das riesige Russland. Sibirien ist wunderschön jetzt im Sommer.
Die Felder sind bestellt und man hat einfach um die Birken herum ausgesät.
Häufig begleiten Sümpfe uns am Wegesrand. Blauer Himmel, gelbe Wiesenblumen, zartes Grün!
Über die ganze weite Strecke flaches Land.
Jeder fährt zu einer anderen Uhrzeit los, sitzt in einem anderen Wohnmobil und doch ist über uns derselbe
Himmel, unter uns derselbe Straßenbelag und wir alle haben dasselbe Ziel. Zwischendurch sieht man immer
wieder „Kollegen“ in der Landschaft stehen und Pause machen. Manchmal kommt sogar ein Fuchs vorbei
und grüßt freundlich.
Irgendwann sind dann alle im Ziel und jeder ist gespannt, was Abenteuer Osten an diesem Tag für einen Stellplatz vorgesehen hat. Wir waren bisher auf Campingplätzen, an Sportstadien und Thermalquellen, an Opernhaus, Messegelände und Eishöhlen. Überall war es besonders. Überall war die Überraschung groß, was Kostya da wohl gezaubert hatte. Und überall war jeder zufrieden mit dem, was er vorfand. Heute nun wurde es etwas schwieriger.
Vorgesehen war ein Platz an einer LKW-Raststätte. Zum ersten Mal. Dafür aber an einer besonders schönen mit Kapelle und Grasfläche nur für Wohnmobile - nicht für Brummis. Leider hatte der Regen der letzten Wochen das Land so unter Wasser gesetzt, daß wir uns alle festgefahren hätten. Was tun?
Es blieb uns nur der Wegrand in der Zufahrt zur Raststätte. Etwas staubig und nicht besonders reizvoll. Wir Reiseleiter hatten ziemliche Bedenken, daß die Gruppe „not very amused“ sein würde. Hans-Hermann nahm jede anrollende Wohnmobilbesatzung persönlich in Empfang und war erstaunt, daß alle diesen Übernachtungsplatz gelassen annahmen. Ist eben eine echt tolle Gruppe, mit der wir unterwegs sind.
Am Abend trafen wir uns zum Gruppenessen in einem hübsch eingedeckten Nebenraum der Raststätte.
Das hatte nun niemand erwartet, hier im Nirgendwo so nett bewirtet zu werden.
Es war wie im Schlaraffenland. Die Bedienung tischte immer mehr Speisen auf, es wurden große Glaskrüge frisch mit Bier gefüllt, sobald sie leer waren. Wein- und Wodkaflaschen auf allen Tischen! Und dann kam ein russisches Gesangstrio, das uns so richtig einheizte.
Die uns mittlerweile bekannten russischen Volkslieder werden sich für immer in unsere Seele brennen.
Die Stimmung war ausgelassen und fröhlich.
Irgendwann erkannte jemand, daß man die vordere Hälfte des Raumes durchaus als Tanzfläche
nutzen konnte - und dann gab es kein Halten mehr.
Das ist es, weshalb man eine Gruppenreise macht. Es ist so in etwa, als ob man versucht, sich selbst an den Füßen zu kitzeln. Das klappt auch nicht. Wenn es jemand anders macht, ist es zum totlachen. So in etwa ist die
Philosophie an einem solchen Abend. Allein sein ist auch mal schön aber solch eine phantastische Stimmung
hat man nur in der Gruppe. Und auf dem „Heimweg“ ins Wohnmobil hatte niemand den Eindruck, der
Stellplatz hätte schöner sein müssen.
Ganz im Gegenteil! Man muß das Leben tanzen! Und das Leben ist schön!
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