Fahrtag 20: Tanga - Lunga Lunga 72 Kilometer
Gestrandet an der kenianischen Grenze.....
....oder wie aus Plan A - Plan C wurde.
Wer denkt wir hätten gestern übertrieben mit unserer Sorge, es könnte schwierig werden am Grenzübergang nach Kenia, dem sei gesagt: "Es wurde sogar noch viel schwieriger, um nicht zu sagen unmöglich."
Während wir diese Zeilen schreiben sitzt die Gruppe im Shuttle-Bus auf dem Weg ins Hotel, derweil wir Reiseleiter uns auf die Nachtwache an der Grenze vorbereiten.
Nicht für Geld und gute Worte ist es uns gelungen, die Zollbeamten davon zu überzeugen, uns mit den Wohnmobilen passieren zu lassen. Der Grenzzaun blieb uns unüberwindbar fest verschlossen - mit Fahrradschloß!
Doch der Reihe nach....
Am Vorabend hatten wir mit dem Manager des tollen Hotels telefoniert, das uns für die nächsten sechs Nächte beherbergen soll. Wir wollten sicher gehen, daß unsere Gruppe bereits am Ankunftstag an dem üppigen Mittagsbuffet teilhaben kann, das täglich aufgefahren wird. Mit dieser Zusicherung ausgestattet, konnten wir die Reiseteilnehmer leicht davon überzeugen, bereits um 7 Uhr morgens in Richtung Grenze aufzubrechen.
Wieder fuhren wir auf guter Straße (dieses Mal von den USA erbaut) durch schöne Landschaft und auffällig rote eckige Häuseransammlungen.
Die Menschen gingen bereits ihrem Tagewerk nach. So gab es am Straßenrand viel zu schauen.
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Außer uns schien so früh noch niemand auf der Straße unterwegs zu sein. "Gut so!" dachten wir, dann wird es an der Grenze keinen Stau geben.
Nach etwa einer Stunde näherten wir uns der tansanischen Grenze und ließen uns von den vielen Lastern nicht abschrecken. Inzwischen wissen wir, daß sie lange dort herumstehen und auf was auch immer warten. Jedenfalls sind sie uns an den Grenzschaltern kein Hindernis.
Zu diesem frühen Zeitpunkt auf der tansanischen Seite waren wir auch alle noch fröhlich und guter Dinge, denn wir bekamen ganz flott die Stempel in Pässe und Autopapiere, ließen uns in das obligatorische große Buch der Polizei eintragen und schon waren wir ausgereist.
Dann hieß es wieder Zettel ausfüllen und noch mehr Zettel mit den immer gleichen Fragen und schon bald hatten wir auch die kenianischen Visa im Pass.
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Beim Einscannen der Fingerabdrücke wurde sofort festgestellt, daß wir Reiseleiter diesen Grenzübergang früher schon einmal passiert hatten.
"Technologisch ganz schön auf der Höhe des Geschehens, die Kenianer!" dachten wir.
Daß der Zollbeamte, der die Visa ausstellte, zu den offiziellen Gebühren gern auch noch einen kleinen Obolus für sich selbst haben wollte, sei hier nur am Rande erwähnt. Da wir alle korrekten Dokumente hatten, konnte Kathrin ihn davon überzeugen, daß diese "Zusatzkosten" wohl nicht nötig seien. Zu dem Zeitpunkt waren wir uns unserer Sache noch recht sicher.
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Dann war wieder die unvermeidliche Haftpflichtversicherung abzuschließen. Bereits auf der tansanischen Seite wurde Kathrin von Geofrey angesprochen, der ihr auf den Kopf zusagte, daß sie doch vor zwei Jahren schon einmal gemeinsam "Business" miteinander hatten. Da er nicht vage von "früher" sprach, sondern ganz dezidiert von "vor zwei Jahren", was ja auch exakt stimmt, müssen wir wohl daraus schließen, daß hier nicht allzu viele weiße Touristen in Lunga Lunga die Grenze überqueren. Oder waren ihm unsere auffälligen Kuga-Team-Shirts im Gedächtnis geblieben?
Jedenfalls konnten wir so beim Aushandeln der Versicherungsprämie auf diese Weise auch an unser "Business" von vor zwei Jahren anknüpfen und die anfänglich geforderten 100 US$ auf 55 drücken.
Falls es jemanden interessiert, wie so eine kenianische Versicherungsagentur aussieht.....
Sie besteht aus einer Sitzgelegenheit und einer alten Schreibmaschine, als Ablage dient der Fußboden.......
- Außenansicht rechts ➔
- Innenansicht unten ↓
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Auch als Geofrey uns die Versicherungszertifikate an die Frontscheibe klebte, waren wir noch vergnügt. Schließlich war es nach wie vor früh am Tag, alles war recht zügig vonstatten gegangen und nun sollten wir lediglich vier Kilometer weiter hineinfahren ins Niemandsland, um als letztes den Zoll zu passieren.
Dort angekommen wurden wir wieder in ein kleines Büro mit großem Buch geschickt. Relativ schnell waren alle Daten der sechs Fahrzeuge darin notiert. Die Sache mit dem Hotel-Mittagessen war zu diesem Zeitpunkt noch in greifbarer Nähe.
Doch dann plötzlich saßen wir auf dem Gelände des kenianischen Zolls fest.
Ohne Carnet de Passage wollte man uns nicht passieren lassen.
Das Schreiben der Mietwagenfirma, das uns gestattet, nach Kenia einzureisen in Kombination mit dem Fahrzeugschein war uns hier keine Hilfe. In allen anderen Ländern hatte es uns die Tore geöffnet - hier jedoch nicht!
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Kathrin zog alle Register, schlug den Zollbeamten "Gebühren" vor, die man entrichten könnte, erklärte sich bereit eine "Sicherheitsleistung" zu hinterlegen, erbat sich einen Stempel OHNE Unterschrift, damit man die ausgestellten Grenzpapiere nicht mit einem Diensthabenden am Lunga Lunga Posten in Verbindung bringen könne.
Sie versuchte es mit Bitten und guten Worten, sie drohte die Grenze zu blockieren, indem alle einfach in Lunga Lunga campieren. Nichts half, denn man versicherte, daß unter der Hand nichts laufen würde, die Zeiten der Korruption seien vorbei und man müsse einfach Geduld haben und sich an die Hauptgeschäftsstelle der Zollbehörde in Mombasa wenden.
Also nahmen wir Kontakt auf mit dem Headquater der Kenya Revenue Authority in Mombasa, scannten unsere Fahrzeugpapiere ein und warteten geduldig. Die Lunchtime war irgendwann verstrichen, wir richteten uns gedanklich stattdessen auf das bombastische Abendessen im Hotel ein und führten zwischendurch Telefongespräche mit dem Hotelmanager und dem Abgesandten im Zollhauptquartier. Dann sprachen wir abwechselnd beim Chef der Zollbehörde Lunga Lunga und beim Vizechef vor. Wir versuchten wirklich alles während die Uhr unaufhaltsam tickte.
Irgendwann im Laufe des Nachmittags waren die Gedanken an die kulinarischen Raffinessen des Luxus-Hotels in den Hintergrund getreten und wir rechneten lediglich aus, wann die Zollpapiere fertig sein müßten, damit wir noch bei Helligkeit ans Ziel gelangen könnten. Plan B wurde geschmiedet: Falls wir in die Dunkelheit hineinfahren müßten, würden wir gemeinsam und langsam in einer Kolonne fahren.
Leider mußte auch diese Möglichkeit verworfen werden, denn gegen 17:30 Uhr kam in einem der unzähligen Telefonate die Nachricht, daß die Büros der Zollbehörde Mombasa inzwischen geschlossen seien, ohne daß unsere Angelegenheit hätte bearbeitet werden können.
Na toll! Also mußte Plan C in Kraft treten. Wir riefen den Manager des Hotels an und baten um einen Shuttlebus, um die Gruppe mitsamt Gepäck ins Hotel zu fahren. Zwei lange Stunden später war es dann so weit. Wir reihten die Fahrzeuge alle dicht bei dicht auf und verabschiedeten uns von der Gruppe. Da wir die Wohnmobile nicht unbewacht an der Grenze lassen wollten, blieben wir Reiseleiter allein in Lunga Lunga zurück.
Was heißt allein? Die Grenze bleibt die ganze Nacht über offen und so können wir wenigstens jedes Mal, wenn wieder ein Reisebus seine überladenen Fracht ausspuckt und wir von dem wilden Stimmengewirr und den Auspuffgasen geweckt werden nach den Fahrzeugen schauen und sicher gehen, daß alles in Ordnung ist. Dieser Ortsname wird uns wohl immer im Gedächtnis bleiben.
Das erträumte Hotelmenue wurde letztlich reduziert auf ein Glas eingelegte Zwiebeln, das wir mit dem letzten kalten Kilimanjaro-Bier hinunterspülten. Als gute Logistiker hatten wir nämlich mit Aussicht auf ein all-inclusive-Hotel sämtliche Vorräte zuvor aufgegessen.
Nun harren wir also an der Grenze aus und werden morgen versuchen, von hier aus die Dinge in Gang zu setzen. Wir haben noch fünf Liter Wasser, 600g Müsli, ein paar Löffel voll Nescafe und vier Schachteln Antimalariapillen. Mal sehen, wie lange wir damit auskommen. Ach ja, und eine halbe Flasche Ketchup nicht zu vergessen.
Immerhin sind die Reiseteilnehmer gut aufgehoben und können die schöne Hotelanlage genießen.....auch wenn wir die für morgen früh geplante Mombasa-Stadtführung zunächst einmal abgesagt haben.
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