Spartakus und der Tiger
Inzwischen haben wir Novosibirsk erreicht, die größte Stadt Sibiriens und mit 1,4 Millionen Einwohnern die drittgrößte von ganz Russland. Es ist das kulturelle Zentrum Sibiriens und so sollte auch die Seidenstraßen-Tour hier nicht durchziehen, ohne eine Aufführung im Akademischen Opern- und Ballett-Theater genießen zu dürfen (oder sollte man besser schreiben „erleben zu können“?).
Zugegeben, Ballett erschließt sich nicht jedem gleichermaßen. Auch zu Helene Fischer Konzerten geht nur ein Teil der Menschheit. Aber auch dafür kann solch eine Reise gut sein. Man bekommt Sachen geboten, die für gewöhnlich nicht zwangsläufig auf der eigenen Agenda stehen. So machte man sich ausgehfertig und nach einem kleinen Spaziergang erreichten wir das größte Theatergebäude von ganz Russland - größer als das
Moskauer Bolschoi-Theater. Könnte es einen besseren Platz für ein Gruppenfoto geben?
Dann erklangen bald dramatische Musikstücke. Der sowjetisch-armenische Komponist Aram Chatschaturjan hatte 1956 die Grundlage für eines der berühmtesten russischen Ballettstücke geschaffen. Wir sahen Spartakus. Wir erlebten Spartakus mit allen Sinnen. Die intensive Musik drang durch Mark und Bein während uns die geschmeidigen Ballett-Tänze der Darsteller verzauberten. Es wurde gekämpft, geliebt, gestorben.
In einer besonders einprägsamen Szene erschien sogar ein sibirischer Tiger auf der Bühne. Das Fotografieren während der Vorstellung war eigentlich streng verboten und mehrere Aufpasser sorgten für die Einhaltung dieser Vorschrift. Uns Berichterstattern kribbelte es natürlich in den Fingern, da wir immer die Devise vertreten: „Ohne Foto keine Story!“ Sehr wehmütig fragten wir uns, wie wir wohl den Tagesbericht ohne Bühnenbilder gestalten sollten. Glücklicherweise konnte uns Jürgen aushelfen, der seine Kamera auf Nachtbetrieb stellte und ein
ruhiges Händchen hatte. Die Aufsicht muß wohl gerade in die andere Richtung geblickt haben.
Nach der Vorstellung konnte man in viele zufriedene, fröhliche Gesichter schauen. Ein unvergeßlicher Abend!
Einige Teilnehmer, die Ballett nicht ganz oben auf ihrer persönlichen Favoriten-Liste stehen haben, verschwanden in der Pause und ließen den Abend gemütlich in einem Restaurant ausklingen. Wie schön, daß wir alle Individualisten sind! Morgen werden wir uns Novosibirsk bei einer Stadtführung noch ein wenig näher anschauen.
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