Montag, 08. Dezember 2014
 

Wir warten auf die weiße Pracht

Liebe Rategemeinde, heute versteckte sich der kleine Fany im Bart des Zipfelmännchens. Habt Ihr ihn entdeckt?

Da wir verzweifelt auf den ersten Schnee warten, paßte für uns gefühlsmäßig dieses Gedicht von Johann Nepomuk Vogl perfekt. Elgordo war zwar dem Dichter schnell auf die Spur gekommen aber bei der Suche nach der Lösung verhaspelte er sich etwas. Daher gehen der Siegpunkt für das Lösungswort "Flocken" und der Stern für "Erster Schnee" an Volker & Renate.

Erster Schnee

Wie plötzlich doch bedeckt mit Eis

So Strauch und Bäume steh'n,

Auf letztem Grün das erste Weiß,

Wie traurig ist's zu seh'n!

 

Was bangst du, Herz? Sei frisch und kühn

Und denk', wenn Flocken weh'n:

Auf letztem Weiß das erste Grün,

Wie lieblich wird das steh'n!

Johann Nepomuk Vogl

Einen Sonderstern verleihen wir Cuxroadrunner Jürgen, der mehr wußte als wir, denn er postete ein weiteres Werk desselben Dichters, das ebenfalls das geforderte Lösungswort gleich in der ersten Strophe des Gedichtes

"Der Gang im Schnee" führt. 

Klasse! Man lernt nie aus! Derweil warten wir immer noch auf Flocken von oben.

In dichten Flocken fällt der Schnee,

In Nebel hüllt sich Tal und Höh’,

Ein Weib nur geht, von Angst erfüllt,

Die Pfade, die der Schnee verhüllt.


Sie konnt’ nicht weilen mehr im Haus,

Sie musst’ zu Sturm und Frost hinaus,

Dem Sohn entgegen, den so lang

Sie schon erwartet kummerbang.


So eilt sie hin, ein flücht’ges Reh,

In dichten Flocken fällt der Schnee,

Doch naht kein Sohn, der Pfad bleibt leer,

Wie wirds im Herzen ihr so schwer.


Und dicht und dichter fällt der Schnee,

Schwarznächtig liegt’s um Berg und See;

Doch rastlos treibts von Ort zu Ort

Die gramerfüllte Mutter fort.


Da schwindet ihre letzte Kraft,

O kummervolle Pilgerschaft!

Schon sinkt sie hin mit Ach und Weh,

Und immer wilder flockt der Schnee.


Da plötzlich schallt ein ferner Laut —.

Sie horcht von tiefster Angst durchgraut,

Sie horcht in banger Zweifel Qual,

Da gellt der Ruf zum zweiten Mal.


„Mein Kind! mein Kind!“ so schreit darauf

Das Weib und reißt sich hastig auf;

Denn, von des Wahnsinns Glut entbrannt,

Hat sie im Schrei den Sohn erkannt.


„O Himmel, jetzt nur zeig’ den Pfad,

Dass noch zur Zeit ihm Hilfe naht,

O reich den Faden mir, die blind

Durchirrt dies grause Labyrinth!“


Und haltlos eilt sie fort und dringt

Durch Schnee und Wildnis angstbeschwingt,

Den Leib zerpeitscht vom Sturmgeweh’;

Doch dicht und dichter stockt der Schnee.


Da liegt’s gehäuft vor ihrem Pfad,

Wie sich’s gelöst vom Felsengrat,

„Hier muss er sein! das ist sein Grab!“

Sie ruft’s und sinkt zur Erd’ hinab.


Die Brust durchwühlt vom tiefsten Weh,

Durchwühlt sie rastlos drauf den Schnee

Von der Lawine, deren Fall

Noch fern verbraust im Widerhall.


Sie gräbt und wühlt, da ragt empor

Ein Zipfel Tuch, — nun taucht empor

Ein Antlitz — Weib! Nur jetzt geschwind

Die Hülle fort, es ist dein Kind!


Und von der kalten, eis’gen Last,

Befreit den Sohn des Weibes Hast!

Er lebt, er langt zu ihr hinauf,

Der ganze Himmel tut sich auf!


Und bald, befreit von allem Harm,

Die Mutter hält ihr Kind im Arm;

Doch sagt, wer konnt’ ihr Führer sein? —

Ein Mutterherz nur konnt’s allein.

Johann Nepomuk Vogl

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