Tīng Tiān Yóu Mìng
(Dem Himmel sein Schicksal überlassen)
Wir bewegen uns seit Tagen im chinesischen Hochland und fühlen uns dem Himmel so nah. Nach dem Smog in den Ballungszentren leuchtet er nun wieder tiefblau, die Luft wird immer dünner und die Menschen um uns herum religiöser. Wir besuchen Klöster und sehen Mönche, drehen Gebetsmühlen und senden Wünsche nach oben.
Apropos oben! In Pingliang ging es hoch hinauf auf den Kongtong.
Unser Ausflug zu diesem heiligen Berg des Taoismus war eine Wohltat für Körper und Seele. Der Name des Berges, der zum Nationalpark ernannt wurde, leitet sich von einem taoistischen Ausdruck ab und bedeutet
„Wahre Leere - natürliche Abgeschiedenheit in tiefer Ruhe“.
So richtig abgeschieden kamen wir uns zwar nicht vor, denn einige Tausend Chinesen wollten ebenfalls den Kongtong besteigen. Aber das Höhenklima auf über 2000 Metern und der natürliche Schatten unter den vielen Bäumen taten gut. Über mehrere hundert steile Stufen erreichten wir die Tempel in der Höhe. Der Name „Himmelsleiter“ erscheint wirklich passend.
Während des Aufstiegs gelangt man zu immer wieder neuen bunten Tempeln, denn der Berg hat Dutzende von kleinen Gipfeln und Vorsprüngen.
Viele Einheimische besuchen den heiligen Berg und meditieren, tanzen oder beten.
Als wir wieder auf dem Boden der Realität angekommen waren, fand mitten im Hotelinnenhof - den wir zum Stellplatz umfunktioniert hatten - eine Unterrichtsstunde statt, in der Yong Zhi uns in die Kunst der chinesischen Schriftzeichen einwies. Hochinteressant!
Am nächsten Tag sollte eine der schönsten Etappen auf unserer China-Durchquerung folgen. Wir fuhren viel Landstraße und wunderten uns manchmal, wie spontan sich der Verkehr in den Innenstädten auffächert. Frage: Wie viele Spuren hat diese Straße durch die City eines typisch chinesischen Dörfchens? Alles unter 500.000 Einwohnern ist im Reich der Mitte nämlich ein Dorf!
Unterwegs gibt es unzählige Möglichkeiten zum Anhalten. Christel und Peter fühlten sich von dem bunten Melonen-Wagen magisch angezogen.
Bald schon ging es kurvig durch die Berge. Eine wunderschöne Lößlandschaft lag uns zu Füßen. Terrassenartig waren Felder bestellt worden mit Mais, Kartoffeln und Hirse.
Wo immer sich die Gelegenheit bot für einen kurzen Stopp, mußten wir aussteigen, schauen, staunen.
Zum Niederknien schön!
Das Ziel des Tages war ein Naturreservoir, wo wir genau das fanden, was wir nach einer so bilderbuchartig schönen Strecke suchten: Ruhe und Abgeschiedenheit, um das Erlebte zu verarbeiten.
Das einzige Geräusch, das wir auf dem Übernachtungsplatz zu hören bekamen, war das Plätschern des Flüßchens, das uns in den Schlaf sang.
Das Thermometer war in der Nacht auf 4° C gefallen. Alle hatten auf 2500 m Höhe tief und fest geschlafen und freuten sich am Morgen über die klare Bergluft. Wir fuhren abwechselnd durch muslimisch oder tibetisch geprägte Gegenden und erreichten schließlich eine ost-tibetische Provinz.
Das Kloster Labrang ist das berühmteste Lama-Kloster außerhalb von Tibet. Am Nachmittag durften wir in dieses Heiligtum der Buddhisten hinein und uns von einem Mönch herumführen lassen.
Es liegt eingebettet in eine grandiose Berglandschaft.
An unzähligen Gebetsmühlen, die Tag für Tag von vielen Menschen gedreht und in Schwung gehalten werden, führte unser Weg vorbei. Auch wir drehten sie verbunden mit stillen Wünschen für eine gute weitere Reise.
Leider herrscht striktes Fotografierverbot in allen Räumen und Tempeln. Der gut gelaunte Mönch erklärte uns die Buddha-Figuren allerdings so bildhaft, daß uns der Besuch von Labrang auch ohne Fotos bestens in Erinnerung bleiben wird. Am Ende der Führung entließ er uns mit Segenswünschen für den Rest der Tour.
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