Samstag, 13. Mai  2017
Wir sind gerade in Vancouver

 

Gelungener Start - leider nicht ganz vollzählig

 

Zugegeben, so ein Tag mit Flug gen Westen hat mehr Stunden als gewöhnlich, trotzdem  wundert man sich, was alles hineinpaßt. Es fing entspannt an. Die Koffer hatten kein Übergewicht, das Einchecken verlief reibungslos, an der Passkontrolle arbeitete eine junge Grenzschutzbeamtin lächelnd und zügig, die Sicherheitskontrolle war schnell erledigt, ohne daß wir wie sonst die Navigationsgeräte auf Sprengstoffspuren überprüfen lassen mußten. 

Da wir alle Navis für unsere Teilnehmer im Handgepäck transportieren - man weiß ja nie, ob so ein Koffer auch tatsächlich im Ziel landet - erscheint unser Rucksack für die Leute am Scanner stets verdächtig und führt zu Nachkontrollen. Heute ausnahmsweise nicht. So weit so gut.

 

Dann aber kam der erste verstörende Anruf. Monika & Uwe meldeten sich vom Check-In-Schalter und fragten, ob sie überhaupt ihre Koffer für den geplanten Flug aufgeben sollten. Das Bodenpersonal wolle sie auf einen anderen Flug mit Umsteigen in London umbuchen wegen Unwetterwarnung für unseren Gruppenflug. Wir versicherten ihnen, daß wir den vorgesehenen Flug nehmen würden und sie bitte wie geplant zum Abflug-Gate kommen sollen.

 

Natürlich ließ uns diese Meldung aufschrecken und wir erkundigten uns in der Abflughalle, für welche Region denn das Unwetter gemeldet sei. Klingt ja zunächst einmal bedrohlich......Die nette Dame von Lufthansa zögerte erst einen Moment und versicherte uns dann, es hätte nichts mit unserer geplanten Flugstrecke zu tun, sondern im Frankfurter Raum sei Gewitter für den Nachmittag angekündigt.

 

Im Nachhinein fragen wir uns, ob das alles nicht nur erfunden war. Es stellte sich nämlich heraus, daß die Maschine total überbucht war und man Freiwillige suchte, die mit British Airways über London fliegen würden. Uns hatte diese "Unwetterwarnung" jedenfalls in eine gewisse Alarmbereitschaft versetzt.

 

Dann ging der nächste Anruf ein. Schorsch fragte fast beiläufig, an welchem Gate wir uns denn treffen würden. Sie kämen auch bald, es gäbe bloß noch ein Problem zu lösen. Wieder schrillten unsere Alarmglocken. PROBLEM? Was denn für ein PROBLEM?

 

Seit einem guten Jahr braucht man für die Einreise nach Kanada eine Art elektronisches Visum, das man vorher online einholen kann. Das Kuga-Büro übernimmt diese Dienstleistung für die Kunden, wenn diese es wünschen. Einige Mitreisende entscheiden sich immer dafür, dieses "Visum" selbst einzuholen. So auch in diesem Fall. Nun besteht die Tücke bei der sogenannten ETA nicht nur darin, daß die Internetseite lediglich auf Englisch oder Französisch verfügbar ist, sondern auch darin, daß man bei der Eingabe der Passnummer nie genau weiß, ob es sich um eine Null oder um den Buchstaben O wie Otto handelt. In diesem Fall war es so, daß Schorsch & Renate eine gültige ETA hatten, bei ihrem Verwandten Adalbert jedoch ein 0 stand wo eine Null hätte stehen müssen. Da die Einreisegenehmigungen im Computer der Fluggesellschaften hinterlegt sind, fiel auf, daß die dort bewilligte Passnummer in dieser einen Ziffer von der tatsächlichen Passnummer abwich und somit keine Bordkarte ausgestellt werden konnte. So sind die Bestimmungen, damit niemand ohne gültige Genehmigung einreisen kann.

 

Da Adalbert mit seinem Handy nicht richtig klar kam, übernahm Schorsch die Kommunikation, stellte jedoch den Ernst der Lage uns gegenüber zunächst noch nicht so wirklich dar - zumal er hoffte, daß die von einem Flughafenmitarbeiter auf die Schnelle neu beantragte ETA noch rechtzeitig genehmigt werden würde.

 

Langer Rede kurzer Sinn: Die Zeit lief uns davon, irgendwann mußten Schorsch, Regina und Adalberts Frau Karin einchecken und sich durch die Sicherheitskontrolle begeben, sonst hätten von den Vieren alle das Flugzeug verpaßt. In der Zwischenzeit kämpfte Kathrin am Gate darum, daß die Plätze nicht anderweitig vergeben würden, da die Boarding-Zeit überschritten war, und eine ganze Reihe Anwärter auf die Plätze am Schalter auf eine Flug-Zusage wartete. Wie gesagt, die Maschine war massiv überbucht.

 

Man stelle sich vor, wie es ist, wenn die eigene Frau hinter der Sicherheitskontrolle aus dem Blickfeld verschwindet auf dem Weg zu einem Transatlantik-Flug und man selbst bleibt mit ungeklärtem Einreise-Status zurück. Erschwerend kam hinzu, daß Adalbert in letzter Minute in Ermangelung eines eigenen Mobiltelefons das Handy von ebendieser entschwindenden Frau in die Hand gedrückt bekommen hatte, ohne die dazugehörige PIN-Nummer.

 

Wir Reiseleiter versuchten nun vom Gate aus verzweifelt, Kontakt aufzunehmen mit Adalbert - erhielten aber nur Verbindung zur Mailbox. Alles Diskutieren half nichts, der Flug startet schließlich mit einer Stunde Verspätung - ohne Adalbert und ohne, daß wir zu wissen bekamen, wie es mit ihm weitergehen könnte. Man muß seine Frau Karin bewundern, wie beherrscht sie einstieg und sich in ihr Schicksal ergab. 

 

Bewundern müssen wir überhaupt alle unsere lieben Mitreisenden, die sich weder über die Verspätung beschwerten, noch über die Tatsache, daß praktisch alle aus der Gruppe  bunt durcheinander im Flugzeug verteilt saßen. Es ergab sich auch keine Möglichkeit, zu tauschen. Die Gruppe saß nicht zusammen, Paare saßen außer Sichtweite voneinander - und kein einziger ließ sich davon die Laune verderben. Respekt! So eine gelassene Gruppe hatten wir noch nie. (Vielleicht war auch jeder insgeheim froh, daß ihm der Fehler mit derETA nicht passiert ist und er überhaupt im Flugzeug sitzen durfte)

 

Nach gut neun Stunden, vier Mal Getränkeservice, zwei Mahlzeiten an Bord und turbulenzenfreiem Flug landeten wir (fast) alle wohlbehalten in Vancouver.

 

 

Obwohl wir unsere Pässe an Automaten einscannen und unzählige Fragen digital beantworten mußten, brachten wir relativ schnell die Passkontrolle hinter uns und sandten ein Stoßgebet zum Himmel als alle Koffer auf dem Karussell erschienen. Das war schon einmal gut gegangen.

 

Um 16 Uhr Pacific Time, also um 1 Uhr nachts in Deutschland, ließen wir bei Adalberts Tochter das Telefon klingeln, in der Hoffnung, daß sie vom Vater gehört hätte. (Schließlich hätte Karin heute Nacht kein Auge zugemacht, wenn wir keinen Kontakt hätten aufbauen können). Tatsächlich konnte sie gute Nachrichten weitergeben. Der Vater hatte inzwischen von einem fremden Telefon aus angerufen, die Einreisegenehmigung erhalten, ein Flugticket für den nächsten Tag in der Tasche und würde die Nacht in einem Hotel am Flughafen verbringen. Allen fiel ein Stein vom Herzen und bei Karin kullerten nun doch ein paar Tränen.

 

So begab sich die Reisegruppe beruhigt auf den Weg ins Hotel. Unsere charmante Stadtführerin Maria hatte uns in Empfang genommen und ein großer Bus bot viel Platz für das ganze Gepäck. Maria empfahl auch allen, sich nicht der Versuchung des Hotelbetts hinzugeben, sondern sich auf einem Spaziergang wach zu halten, bis zum abendlichen Begrüßungsessen. So verwunderte es nicht, daß man überall an der Uferpromenade Kuga-Reisende traf, die sich einen ersten Eindruck von Vancouver holten.

 

 

Für morgen hoffen wir erstens, daß Adalbert gesund und munter zu unserem Kreis dazu stößt und zweitens hoffen wir auf Sonnenschein für hübsche Fotos dieser schon auf den ersten Blick faszinierenden Stadt.

 

 

Nach einem Drei-Gänge-Begrüßungsessen, bei dem Kuga die Getränke sponserte als Ausgleich für die unbefriedigende Sitzplatzverteilung auf einem Langstreckenflug, fielen alle Teilnehmer müde aber zufrieden in die Betten.

 

Das kann ja spannend werden, wenn der erste Tag dieser achtwöchigen Reise schon so aufregend ist. Gute Nacht....oder besser guten Morgen, denn für unsere Leser in Europa ist es bereits nach sieben Uhr morgens wenn wir diese Zeilen schreiben und der 24-Stunden-Tag nun langsam auch für uns Reiseleiter zu Ende geht.


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