Tag 32: Rundfahrt durch den Denali Nationalpark
Im Tal der grünen Busse
Ein WOW-Tag liegt hinter uns!
Wir hätten die ganze Zeit vor Freude singen und tanzen können, so spektakulär waren die Erlebnisse. Bei der gestrigen Fahrerbesprechung im Dauerregen hatte Hans-Hermann sich ziemlich weit aus dem Fenster gelehnt und für heute Kaiserwetter versprochen.
Boah, hatten wir Bammel, daß der Wetterbericht wie so oft nicht zutreffen würde und die Gruppe uns Reiseleitern dann nie mehr glauben wird.
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Aber das Glück war mit uns und die Sonne schaute schon sehr früh morgens durch die Wolken. So bestiegen wir einen der grünen Nationalpark-Busse und machten uns auf den Weg zum höchsten Berg Nordamerikas.
Die Fahrt sollte uns durch Täler und über Brücken ganze 106 Kilometer hinein bringen in die Alaska-Bergketten-Region.....und wieder zurück.
Dabei sahen wir viele breite Geröllfelder, die zur Schneeschmelze eine Menge Wasser führen. Deshalb kann man diese Bustour auch nur von Juni - September unternehmen. Im langen Alaska-Winter ist die Straße geschlossen.
Wir hatten jeden Reiseteilnehmer auf die achtstündige Dauer der Unternehmung und die Tatsache hingewiesen, daß an diesem Tag Natur groß geschrieben wird. Es gibt im Nationalpark keine Imbissbuden oder Kaffeestände, keine geteerten Straßen und keine Wasserklosetts. Eigene Verpflegung mußte also mitgebracht werden. Während wir an unseren Vesperbroten kauten, schraubte sich der Bus über mehrere Pässe immer weiter hoch zu den schneebedeckten Bergen. Immer wieder kamen uns auch Busse entgegen, denn die unbefestigten Straßen im Park dürfen nicht mit Privatwagen befahren werden. Dafür ist das Shuttlesystem umso ausgefeilter.
Die Landschaft wurde schöner und schöner!
Höher und höher lenkte der junge Busfahrer sein grünes Gefährt. Nicht jeder konnte unbeschwert nach unten aus dem Fenster schauen, manchmal waren wir dem Abgrund schon recht nahe.
Ein besonders spannender Abschnitt dieser Tour war die Überquerung des Polychrome Passes. Die Kurven wurden immer enger und die Felsen immer bunter.
An einer besonders schönen Stelle legte der Busfahrer ein Päuschen ein und ließ uns die Aussicht genießen.
Allein schon dieser Blick ins Land wäre die lange Fahrt wert gewesen. Die Möglichkeit, auch Bären und andere Wildtiere zu sehen, machte die ganze Sache natürlich noch spannender.
Doch zunächst einmal ging es wieder bergab und durch ein weites Tal hinauf zum nächsten Pass.
Dann endlich bewegte sich etwas in der Ferne. Eine Karibu-Herde hatte es sich auf einem Schneefeld gemütlich gemacht und hob sich daher gut von dem hellen Hintergrund ab.
Ein besonders hübsches Exemplar überquerte vor uns die Straße - schaute aber zuvor geübt nach links und rechts, ob nicht gerade ein grüner Bus um die Ecke kommt.
Während wir weiter nach Bären Ausschau hielten, ging plötzlich ein Raunen durch den Bus. Der Denali, der dem ganzen Nationalpark seinen Namen gegeben hatte, zeigte sich in der Ferne. Zu Anfang der Fahrt hatte ein Ranger uns gewarnt, daß dieser 6190 Meter hohe Berg seine eigenen Wettergesetze hat. Durch seine Höhe und Nähe zum Pazifik zieht er besonders viele Wolken an und ist nur an einem von vier ansonsten klaren Sommertagen zu sehen. Was für ein Glück! Zwar schaute nur der etwas niedrigere Nordgipfel aus dem dichten Wolkenband hervor - aber immerhin, wir hatten die Spitze unverhangen sehen können.
Als wir schließlich den Endpunkt unserer Tour erreicht hatten und am Eielson Visitor Center einen längeren Aufenthalt genießen konnten, hatten sich die Wolken über dem Berg schon wieder zugezogen. So blieb uns nichts anderes übrig als den gebotenen Anblick mit der Info-Tafel davor aufzunehmen, um zu zeigen, wie es hätte aussehen können. Der Berg hieß bei den Indianern schon immer Denali, die Amerikaner nannten ihn bis vor zwei Jahren nach ihrem 25. Präsidenten Mount McKinley. Unter Barack Obama sollten die Ureinwohner größere Wertschätzung erfahren und so wurde er in 2015 wieder rückbenannt in Denali.
Da er so isoliert steht, ragt kein anderer Berg über seine Umgebung so weit hinaus. Er ist zwar nicht der höchste - aber der Berg mit dem höchsten Relief der Erde.
Wir standen auf 1138 Metern Höhe, als wir versuchten, durch die Wolken hindurch, seine Gipfel zu erspähen. Da dies nicht gelang, war uns der kurze Anblick bei der Anfahrt doppelt wertvoll. Immerhin bot die Alaskakette eine schöne Landschaft für Spaziergänge......
.......sowie eine besondere Kulisse für unser Gruppenfoto!
Da wir an dieser Stelle den Wendepunkt der Bustour erreicht hatten, ging es irgendwann auf demselben Weg zurück. Nach der Freude darüber, den Denali zumindest kurz erblickt zu haben, fehlte uns nun zu unserem Glück nur noch ein Grizzly. Hajo sah sich die Schautafel ganz genau an, damit er ihn auch erkennen würde, wenn er vor uns auftaucht. Und tatsächlich, bald darauf stoppte der Bus und alle stürzten an die Fenster mit Fotoapparat oder Filmkamera bewaffnet und versuchten eine scharfe Aufnahme zu machen.
Das war gar nicht so einfach, denn das mächtige Tier zeigte sich nur in großer Distanz. Ein wenig später sahen wir sogar eine Grizzlymama mit ihren beiden Jungen aber die drei waren so sehr damit beschäftigt, das saftige Gras zu fressen, daß sie nicht einmal die Köpfe hoben, geschweige denn näher kamen.
Immerhin haben wir an diesem Tag den höchsten Berg Nordamerikas gesehen, wenn auch nur für einen kurzen Moment und teilweise von Wolken bedeckt. Immerhin haben wir insgesamt fünf Grizzlybären gesehen, wenn auch nur aus der Ferne. Immerhin haben wir einige Karibus gesehen, wenn auch nicht mit besonders prächtigem Geweih. Und nicht zu vergessen - das alles in unbeschreiblich schöner Landschaft.
Als wir uns kurz vor dem Ziel nach fast achtstündigem Ausflug noch einmal umdrehten, grüßte der Denali aus 115 Kilometern Entfernung. Nur weil er so hoch ist, kann man ihn über diese sagenhaft weite Distanz sehen. Ein toller Abschied für einen unvergeßlichen Tag!
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