Sonntag, 17. März 2013

Fahrtag: Tarifa – Tanger 98 Kilometer, bewölkt, 19 Grad

Wenn Marokko-Reisende (fast) zu Buddhisten werden
 

Der heutige Tag hätte das Meisterstück für Leute werden können, die beweisen müssen, daß sie das Zeug zum wahren Buddhisten haben. Geduld ist schließlich die Hauptstütze des Buddhismus. Und Geduld brauchten wir heute in großen Mengen…..

Ab 8:45 Uhr sammelten sich nach und nach 15 Wohnmobile vor der Einfahrt des Campingplatzes und damit begann das erste Schlangestehen dieses denkwürdigen Reisetages.

 

Pünktlich um 9 Uhr setzte sich der Tross in Bewegung, denn wir wollten gemeinsam zum Hafen in Algeciras fahren. Auch wenn auf dieser Tour eigentlich individuelles Fahren vorgesehen ist, so hatten wir doch beschlossen, die Einreise nach Marokko gemeinsam anzugehen. Immerhin ergab sich so für den entgegenkommenden Autofahrer bestimmt ein eher ungewöhnliches Bild in den südspanischen Bergen.

 

Deutsche und Schweizer Touristen sind pflichtbewußte Menschen. Wenn auf dem Ticket steht „Abfahrt der Fähre 11 Uhr“, dann ist man eine gute Stunde früher vor Ort. Und was tut man dann im Hafen? Man hält einen Klönschnack, trinkt Beruhigungstee, kaut frischen Ingwer gegen Seekrankheit oder nutzt die Zeit zum Programmieren der Navis.

 

Gegen 11:00 Uhr, der Tourist hat inzwischen schon 1 1/2 geschlagene Stunden gewartet und sich immer weiter in der Schlange weiterschieben lassen, öffnet die Fähre ihre Tore und läßt die Fahrzeuge nach und nach an Bord. Die Fahrer müssen ihr ganzes Geschick beweisen, denn es geht runter in die „Tiefgarage“, wo man zunächst einmal die zum Teil großen Wohnmobile wenden muß, damit im Ziel durch dieselbe Klappe entladen werden kann.

 
Gegen 11:30 Uhr legt die Fähre tatsächlich ab. Wieder heißt es Schlangestehen, denn nun müssen die vielen Hundert Passagiere alle mit ihren Pässen und ausgefüllten Einreisezetteln zu dem einen einzigen an Bord diensthabenden Grenzbeamten. Dieser tippt Passnummer und Namen in einen Laptop ein und stempelt, bis die Finger wund sind. Als das Schiff nach zwei Stunden im Hafen anlegt, sind die letzten in der langen Reihe gerade fertig registriert.

Einige Reiseteilnehmer machen buddhistische Lockerungsübungen auf Deck, um sich weiter in Gelassenheit zu üben.

 

Von Ferne hatten wir Afrika näher kommen sehen. Eigentlich hatten wir uns das ganz anders vorgestellt. Fotos von türkisblauem Wasser und stahlblauem Himmel wollten wir schießen und einen kontrastreichen Felsen im Hintergrund. Was wir bekamen ist leider grau in grau. Immerhin sahen die Hafenanlagen vielversprechend aus. Was hatte man doch früher für Schauermärchen über den alten Hafen gehört!

 

 Als wir irgendwann alle von Bord waren, begab sich die Reisegruppe erneut in Formation durch den nagelneuen Hafen. Wer hätte gedacht, daß sich Afrika so modern präsentiert?

 

Dann aber geriet die Fahrt recht schnell ins Stocken. Wieder war Geduld gefragt. Alle aussteigen, Fahrzeugpapiere zeigen, Zollzettel stempeln lassen! Und dann ging die Suche los. Wo bitte sollen wir nun den Pass erneut registrieren lassen? Angeblich im Büro des Polizeichefs. Aber die Grenze ist eine gigantische Baustelle. Wir machen es an dieser Stelle kurz obwohl wir lange Fußwege zurücklegen mußten. Irgendwann war die ganze Gruppe mit Stempeln und Unterschriften versorgt und rollte auf der ebenso nagelneuen Autobahn dem Campingplatz entgegen. Wer hätte gedacht, daß Marokko so moderne Straßen hat?

 

Obwohl wir in Tarifa eigentlich nur 15 Kilometer Luftlinie von Afrika entfernt gewesen waren, brauchten wir doch einen vollen 8-Stunden-Tag bis wir auf dem Campingplatz am Cap Spartel einrollten. Dort fand jeder sofort ein nettes Plätzchen und traf sich zu einem kleinen Pläuschchen. Jeder war entspannt, denn auch die Gelassenheit gehört zum Buddhismus, für den wir uns alle heute eindeutig qualifiziert haben.

 

„Geduld ist das Vertrauen, daß alles kommt, wenn die Zeit dafür reif ist.“

(Andreas Tenzer)


 

 

 

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