Wenn wir unsere Richtung nicht ändern, werden wir dort ankommen, wohin wir gehen
(Chinesisches Sprichwort)
Seit Tagen sind wir nach Südosten gefahren. Immer schnurgeradeaus durch die Wüste in Richtung China.
Wen wundert‘s, daß wir genau dort heute ankamen.
Die Ausreise aus der Mongolei konnte erst ab 10 Uhr beginnen, da vorher unsagbar viele Händler in kleinen verbeulten unkaputtbaren sowjetischen Allradjeeps drängeln und das Risiko eines Schadens an unseren Fahrzeugen unkalkulierbar gewesen wäre. Diese Händler übernachten an der Grenze, um möglichst zweimal am Tag nach China fahren zu können, um Waren einzukaufen. Obwohl unsere Gruppe natürlich mit den Füßen scharrte, und China baldmöglichst in Angriff nehmen wollte, ließen wir Vernunft walten und übten uns in Geduld.
Und das war auch gut so. Unser mongolischer Partner Mende kannte nämlich den stellvertretenden Zollamtsleiter, wußte wann und wo man eine kleine Anerkennung überreichen konnte und schon wurde unsere Gruppe - nachdem der größte Schwung wilder Jeepfahrer abgefertigt war - geschlossen mit Grenzschutzeskorte in den Zollhof geleitet.
Das gesamte Ausreise-Prozedere lief geordnet ab und nach zwei Stunden bereits kam
die chinesische Grenze in Sicht.
Hier wurden wir von unseren lokalen Guides empfangen, die hinter den Kulissen ganze Arbeit geleistet hatten. Fahrer und Beifahrer wurden getrennt abgefertigt. Daß sich die chinesischen Beamten eine halbstündige Mittagspause gönnten, bevor sie sich an den peniblen Vergleich der Motor- und Fahrgestellnummern machten, fiel nicht weiter ins Gewicht, denn alles ging im Grunde genommen ganz schnell.
Unter dem Jubel der Beifahrer rollten alsbald die gecheckten Wohnmobile aus der Inspektionszone und dann gab es nur noch eine Frage: „Werden wir die Grenze mit oder ohne Fahrzeuge verlassen?“
Die endgültige Fahrzeugfreigabe kommt aus Peking und das passiert sowieso nie am selben Tag. Kostya hatte
schon vor einigen Jahren eine Sonderregelung erwirkt, nach der wir ausnahmsweise die Wohnmobile etwa 10 Km bewegen dürfen bis zu einem bestimmten Hotel, wo sie stehen müssen, bis das o.k. aus der Hauptstadt kommt.
Dort steht man natürlich erheblich komfortabler, kann sich in der Stadt als Person bereits frei bewegen und muß nicht im Sperrgebiet eingepfercht bleiben.
Wir waren da sehr skeptisch, ob es wieder klappen würde. Eine große Gruppe Franzosen, die wir in den letzten Tagen mehrmals getroffen hatten, war gestern zur Grenze gefahren. Alle ihre Fahrzeuge standen noch immer unabgefertigt im Zollhof nach mittlerweile mehr als 24 Stunden.
Aber wir haben ja Frau Hu!!!! Juchuuh!
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Erst vor ein paar Monaten hatten Hans-Hermann und Kathrin die stets strahlende leider nur chinesisch sprechende rechte Hand des Agentur-Chefs, der unsere Reise innerhalb Chinas betreut, kennen gelernt. Sie war extra aus Xian eingeflogen und hatte sämtliche Formalitäten vorbereitet. „Rein zufällig“ kennt sie den obersten Zolloffizier sehr gut und weiß, welche Knöpfe man drücken, welche Fäden man ziehen muß. Ihr ist es zu verdanken, daß wir „freikamen“, denn sie durfte natürlich auch auf eine inzwischen zwölfjährige Zusammenarbeit mit Abenteuer Osten verweisen.
So konnten wir tatsächlich mit allem drum und dran nach nicht einmal vier Stunden um kurz vor 14 Uhr das Grenzgebiet verlassen und ließen einige Steine am Schlagbaum zurück, die uns von den Herzen gefallen waren.
Unsere chinesischen Reiseleiter sprangen auf die Teamfahrzeuge auf und lotsten die ganze große Gruppe im Konvoi zum Hotelparkplatz. Und das war auch gut so, sonst hätten wir an manchen Kreuzungen wahrscheinlich sprachlos überlegt, welche Richtung wir wohl einschlagen sollen.
In der Grenzstadt Erenhot - mit nur 100.000 Einwohnern wurde sie von den Guides als Dorf bezeichnet - gibt es überall Höhenbegrenzungen und so hätte kein Navi programmiert werden können. Wir mußten ganz old school persönlich navigieren. Ohne Yong Zhi wäre das eine unlösbare Aufgabe gewesen.
So aber brachte er uns sicher zu unserem Übernachtungsplatz und verteilte gleichzeitig wie der Weihnachtsmann einen Umschlag voller chinesischem Geld - dem Yuan - und SIM-Karten, da heutzutage jeder sofort nach Hause melden möchte, was passiert ist. Und auch uns geht es so. Durch diesen Service können wir unseren Bericht nahtlos fortsetzen.
Heute Abend treffen wir uns zum großen SeaBridge-Essen als Begrüßungsfeier im neuen Land. Alle sind hochzufrieden und haben nun sogar Bargeld für erste Einkäufe zur Verfügung. Noch gestern hätten wir keine Prognose gewagt, ob wir es heute so weit schaffen würden.
Wohlan! China, wir sind angekommen!
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