44. Tag: Ruhetag in Coober Pedy
Kleiner Stein - große Wirkung
Im Jahre 1915 wurde der erste Opal - "zufällig" wie immer in solchen Fällen - in der südaustralischen Wüste gefunden. Ein Jahr später ließen sich dort die ersten Glücksritter nieder, steckten ihre Claims ab und gründeten eine Stadt, die an Skurrilität kaum zu überbieten ist.
Eine Stadtführung war hier für unsere Gruppe von langer Hand geplant gewesen. Manch einer mag sich bei der Anfahrt allerdings gefragt haben, was es in dieser staubigen Gegend wohl zu besichtigen gibt. Staubig ist es in Coober Pedy in der Tat aber mitnichten langweilig.
Als erstes besichtigten wir eine Baustelle, an der ein Untergrund-Hotel errichtet wird. Anstatt eines Krans oder Baggers wie auf herkömmlichen Baustellen, stand in diesem Fall ein "Blower" vor dem Eingang. Der Name ist eigentlich irreführend, denn diese Höllenmaschine bläßt nicht, sondern saugt.
Mit riesigen Tunnelgerätschaften wird die tonartige Erde aus dem Berg gefräst und so entstehen stabile Zimmer mit geraden Wänden. Beim Betreten dieser Untergrund-Behausung spürten wir sofort den gewünschten Effekt:
Das Raumklima war sehr angenehm.
Durch zwei Luftschächte entsteht eine natürliche Ventilation. Auch wenn die Aussicht irgendwie fehlt, so herrscht im Untergrund das ganze Jahr über eine konstante Temperatur von 25 Grad C. Jetzt im November hatten wir in Coober Pedy "moderate" 36 Grad C. Die Ortsansässigen versicherten uns jedoch, daß im Januar und Februar das Thermometer regelmäßig bis auf 50 Grad C Außentemperatur steigt.
Deshalb baut man diese sogenannten "Dugouts", die dafür sorgen, daß der Ort fast wie eine Geisterstadt wirkt, da man fast keine oberirdischen Häuser sieht.
Hier eine Ansicht der Skyline von Coober Pedy.
Man erkennt die Belüftungsschächte, die wie Schornsteine aus der Erde ragen.
Zu einer ordentlichen Stadtführung gehört natürlich immer auch die Besichtigung der Kirche. 20 Jahre lang haben Freiwillige an dieser serbisch-orthodoxen Kirche gebaut, die von außen recht unscheinbar wirkt.
Beim Betreten waren wir erneut ganz erstaunt, wie angenehm das Raumklima unter der Erde ist. Es roch nicht muffig, es bildeten sich keine Kondenstropfen, es herrschte einfach eine perfekte Temperatur, in der man weder fröstelte noch schwitzte. Ganz schön clever diese Leute hier in Coober Pedy.
Man mußte es selbst gesehen haben, sonst hätte man nie solch einen großen, schönen Raum unter der Erde vermutet.
Auch eine eingerichtete Wohnung konnten wir aus der Nähe betrachten. Unser Stadtführer, der selbst in solch einem Dugout lebt, erzählte begeistert davon, wie tief und fest und ungestört von Verkehrsgeräuschen und Sonnenlicht man in diesen Wohnhöhlen schläft. Die Wände ließen sich bearbeiten, so daß man Fächer für Schuhe direkt aus dem Stein heraus fräst oder zum Beispiel den Kühlschrank in der Küchenwand versenken kann, so daß er nicht heraussteht und mehr Platz zum Wohnen bleibt.
Als wir fragten, wie die Einwohner von Coober Pedy wohl ihre Freizeit verbringen, wenn sie nicht gerade in ihren Claims nach Opalen buddeln oder die Wände ihrer Höhlen gestalten, zeigte er uns den örtlichen Golfplatz. Man muß sagen: Die Australier haben wirklich Sinn für Humor! Ein Stückchen Gras findet sich als Abschlagplatz dieser 18-Loch-Anlage. Irgendwie skurril, oder?
Viele andere Fragen brannten unseren Tour-Teilnehmern unter den Nägeln. Zum Beispiel wunderten wir uns, woher die Wasserversorgung stammt in einer Stadt, in der es in manchen Jahren keinen einzigen Tropfen Regen gibt. Etwa 40 Kilometer entfernt holt man salziges Wasser aus einem Bohrloch, das in einer Entsalzungsanlage aufwendig aufbereitet wird. Der Strom für die gesamte Stadt mit 1600 Einwohnern wird mit Dieselgeneratoren erzeugt. Erst kürzlich wurde ein Versuch gestartet, Solarplatten zum Einsatz zu bringen.
Eine weitere logische Frage war: Warum werden die verlassenen Minen nicht wieder zugeschüttet? Warum sieht die gesamte Stadt und ihre Umgebung aus wie ein gigantisches Maulwurfland?
Die überaus interessante Antwort lautete: Alle diese Schutthaufen sollen früher oder später noch einmal "durchgenudelt" werden. Jeder kann sich mit einem Sieb auf die Suche machen und sein Glück versuchen. Besonders schlaue Köpfe haben sich für diese mühsame Arbeit eine Maschine erdacht, die die Erdmassen zunächst von groben Steinen trennt, dann feiner durchsiebt und die übrig gebliebenen Steine zuletzt ganz links in den gelben "Schrank"mit der Klimaanlage befördert. Darin sitzen zwei Männer in absoluter Dunkelheit und betrachten unter ultraviolettem Licht das Ausgesiebte in der Hoffnung, daß plötzlich ein Opal aufleuchtet. Harte Arbeit!
Natürlich schauten wir uns auch eine Opalmine von innen an, jedenfalls eine ehemalige. Wir ließen uns erklären, wie die Dynamit-Stangen in die Wände platziert und gezündet wurden, und zwar immer im Abstand von drei Sekunden. Dann brachte sich der Minenarbeiter in Deckung und mußte sehr genau mitzählen, daß auch alle Sprengsätze detonierten, bevor er sich vorsichtig der Sprengstelle nähern konnte.
Wenn er Glück hatte, stieß der Schein seiner Taschenlampe, nachdem sich der Staub gelegt hatte, auf eine Opal-Ader. Je bunter die Edelsteine das Licht reflektierten, desto wertvoller waren sie.
Für uns alle war diese Führung ungemein anschaulich gewesen und wir kletterten zurück an die Oberfläche mit einem gewissen Verständnis für das Opal-Fieber, das auch heute noch in vielen Einwohnern dieser verrückten Stadt lodert.
|
|
Eine Führung durch die Opalhauptstadt der Welt - immerhin kommen 80% aller weltweit geschürften Opale aus Coober Pedy - wäre nicht vollständig, ohne den Besuch eines Shops, in dem die teuren Stücke zum Verkauf angeboten werden. Einige unserer Männer wurden fündig und haben das Weihnachtsgeschenk für ihre Liebste bereits in der Tasche.
Auch wenn Coober Pedy und Umgebung einer Mondlandschaft gleicht, fahren wir weiter mit der Gewißheit, hier zwar nicht leben zu wollen - obwohl wir uns problemlos noch heute einen 50m x 50m Claim abstecken könnten - aber dennoch wieder einmal eine faszinierende Erfahrung gemacht zu haben. Wer das Feuer in den Augen der dem Opalschürfen verfallenen Minenarbeiter gesehen hat, der kann verstehen, was bedingungslose Liebe und Hingabe zu einer Lebensaufgabe bedeuten.
|