Freitag, 19. Dezember 2014
 

Viel Sonne, viel Wärme, viel Osterwetter, viele Weihnachtsankömmlinge!

Tapfer rollen die vielen Weihnachtsgäste in Oberstdorf an. Der Stellplatz füllt sich mehr und mehr, die Wohnmobile sind festlich geschmückt, der Ort hat sich herausgeputzt, bloß der Winter scheint seine Einladung irgendwo verlegt zu haben. Also haben wir das Beste daraus gemacht und eine Wanderung auf dem schönen Panoramaweg mit Blick auf die gar nicht winterlichen Berge unternommen. Trotzdem schön!

Am Abend machte dann endlich endlich (!) die Oberstdorfer Dampfbierbrauerei wieder auf. Ehrensache für uns, daß wir zu den ersten Gästen zählten. Die fesche Bedienung im Dirndl erkannte uns aus den letzten Jahren und herzte uns wie Geschwister, die nach Hause kommen. Da wußten wir wieder, warum wir so gerne in Oberstdorf sind. Nun erwacht der Ort und überall ist wieder Leben in den Gasthäusern, die bisher Betriebsferien hatten.

Beim Rätsel konnten wir die Rategemeinde heute ganz schön lange in Schach halten. Cuxroadrunner Jürgen konnte dann aber doch Punkt und Stern gewinnen. Hochverdient, denn die anderen standen ziemlich auf dem Schlauch!

Da haben wir die Ratefüchse heute wohl ganz schön "überlistet", denn dem Titel des Gedichts konnte man nicht anmerken, daß es zu Winter & Weihnacht paßt, obwohl bei genauerer Betrachtung der Winter in beiden Strophen vor der Tür steht. Und unser Fany der machte sich den Spaß und fuhr heute mit der Seilbahn aufs Nebelhorn.

Überlistet

Wenn Blätter von den Bäumen stürzen,
die Tage täglich sich verkürzen,
wenn Amsel, Drossel, Fink und Meisen
die Koffer packen und verreisen,
wenn all die Maden, Motten, Mücken,
die wir versäumten zu zerdrücken,
von selber sterben – so glaubt mir:
es steht der Winter vor der Tür!

Ich laß ihn stehn!
Ich spiel ihm einen Possen!
Ich hab die Tür verriegelt
und gut abgeschlossen!
Er kann nicht rein!
Ich hab ihn angeschmiert!
Nun steht der Winter vor der Tür –
und friert!

 (Heinz Erhardt)

 

Die europäische Hauptstadt, in der Heinz Erhardt das Licht der Welt erblickte, heißt Riga. In seiner unnachahmlichen Art beschreibt er selbst das Ereignis so:

"Es war an einem 20. Februar. Das Thermometer zeigte I I Grad minus und die Uhr I I Uhr vormittags, als vor unserem Haus das Hauptwasserrohr platzte. Im Nu war die Straße überschwemmt und im gleichen Nu gefroren. Die umliegenden Kinder kamen zuhauf, um auf ihren Schuhen schlittzulaufen. Ich selbst konnte mich an diesem fröhlichen Treiben nicht beteiligen, weil ich noch nicht geboren war. Dieses Ereignis fand erst gegen Abend statt. Und da war die Eisbahn längst gestreut und unbrauchbar geworden. Das Eislaufen habe ich bis heute nicht gelernt. Auch schwimmen kann ich nicht.

Aber zeichnen! Also zeichne ich hochachtungsvoll

Ihr Heinz Erhardt"

Das Lösungswort, wovon eines seiner bekanntesten Gedichte handelt, hat Cuxroadrunner Jürgen natürlich auch richtig erraten: MADEN

Weil es so schön ist, hier das Gedicht dazu:

Die Made 

Hinter eines Baumes Rinde 

wohnt die Made mit dem Kinde. 

Sie ist Witwe, denn der Gatte, 

den sie hatte, fiel vom Blatte. 

Diente so auf diese Weise 

einer Ameise als Speise. 

 

Eines Morgens sprach die Made: 

"Liebes Kind, ich sehe grade, 

drüben gibt es frischen Kohl, 

den ich hol'. So leb denn wohl. 

Halt! Noch eins, denk, was geschah, 

geh nicht aus, denk an Papa!" 

 

Also sprach sie und entwich. — 

Made junior jedoch schlich 

hinterdrein, und das war schlecht, 

denn schon kam ein bunter Specht 

und verschlang die kleine fade 

Made ohne Gnade. — Schade. 

 

Hinter eines Baumes Rinde 

ruft die Made nach dem Kinde.

(Heinz Erhardt)


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