Donnerstag, 23.06.2011

 

Bei bösen und guten Geistern

Wir warten immer noch auf den Moment, an dem uns einmal langweilig sein könnte. Wenn wir abends so den Tag Revue passieren lassen, dann fragen wir uns manchmal, wie man so viel Leben aus einem einzigen Tag herausholen kann. Mehrfach schon hatten wir das Prinzip des „Letterboxings" beschrieben.

Es ist eine Schnitzeljagd für Erwachsene, bei der man viele mehr oder weniger komplizierte Rätsel lösen muß, um am Ende mitten im Wald unter einer Baumwurzel oder in einem anderen geheimen Versteck den Schatz zu finden. Dieser Schatz besteht in einem Stempel, dessen Abdruck man sich als Trophäe ins eigene Logbuch holt. So viel zur Theorie. In der Praxis besteht der Schatz aus viel mehr. Man geht nämlich nach Hause mit einem Erfahrungsschatz und einem bunten Strauß an Gefühlen, wie es nur Mutter Natur schafft, sie zu erzeugen. Heute war es ein Wechselbad der Gefühle, denn wir haben zwei sehr unterschiedliche Letterboxen gesucht und gefunden.

Um den von unserem Leser Sascha schon befürchteten „overflow" zu vermeiden, suchten wir sonst immer nur eine Letterbox an einem Tag. Heute aber lagen zwei geographisch so verführerisch beisammen und paßten von ihren Streckenlängen (9 + 4 Km) so gut zusammen, daß wir beide Stempel ergattern wollten.

Durch das Lösen der Rätsel und Suchen der Hinweise in der Natur dauert so eine Wanderung natürlich länger als wenn man immer z.B. einem bestimmten Wanderzeichen folgt. Dafür ist der Spaßfaktor enorm hoch und die Suchtgefahr auch. Löst man nämlich ein Rätsel richtig (was sich recht schnell dadurch herausstellt, daß man ansonsten auf den falschen Weg gerät und keine Hinweise mehr findet), liegt man also richtig mit der Lösung und findet am Ende sogar die Box, so daß man sich als Beweis ins Logbuch eintragen kann, dann meldet das Gehirn: "Super gemacht!" und schüttet wahrscheinlich ein Belohnungshormon aus. Das fühlt sich gut an und der Mensch will mehr davon. Das uralte Prinzip jeder Sucht.

Zurück zum Thema! Wir radelten heute noch einmal nach Dörrenbach, denn dort startete eine Letterbox-Suche, die uns zum Westwall führte. Besser gesagt zu den Überresten dieser ehemaligen Festungslinie, die von Xanten an der Niederländischen Grenze über 620 Km bis nach Basel führte.

Ab 1936 hatten hier viele Menschen viel Zeit und Mühe investiert, um Schützengräben auszuheben, Bunker zu bauen und Minenfelder zu legen. Damit sollte die Westgrenze des Deutschen Reichs geschützt werden. Inzwischen sind die Minen eingesammelt und die Bunker gesprengt aber allein die Überreste zusammen mit Info-Tafeln und die nach wie vor erkennbaren Schützengräben verbreiten eine bedrückende Stimmung.

Welch böser Geist muß in den Menschen geherrscht haben, die diese Schlachten geschlagen und diese Kriege geführt haben?

Um wieder auf positive Gedanken zu kommen, haben wir uns nach erfolgreicher Suche der ersten Letterbox tatsächlich auf den Weg zur zweiten Runde gemacht. Diese „Schnitzeljagd" nahm ihren Anfang in Oberottertal und führte uns auf den "Waldgeisterpfad".

Und auch hier hatte ein Mensch viel Zeit und Mühe investiert, um die Geister zu rufen. Allerdings in diesem Fall ganz zauberhafte Wesen. Ein Holzschnitzer verbringt offensichtlich seine gesamte freie Zeit im Wald und schnitzt, was das Zeug hält. Diese kleinen mystischen Wesen findet man überall versteckt und manche sieht man erst beim zweiten Hingucken.

Es ist wirklich unglaublich, wie viele unterschiedliche Charaktere er aus Baumstümpfen und Ästen gezaubert hat. Und mitten unter diesen Waldgeistern war dann auch noch eine Letterbox versteckt, die wir nach einiger Rechnerei mit dem Kopf und einigem Peilen mit dem Kompass tatsächlich finden konnten (...was die Sucht allerdings nur kurzfristig befriedigt hat, denn wenn man erst einmal eine Letterbox gefunden hat, dann will man sie alle).

Bei der Auswahl der Fotos für den heutigen Tagesbericht gab's allerdings Probleme. Die Waldgeister waren einer schöner als der andere und wir konnten uns nur schwer dazu durchringen, einige Fotos auszusortieren. Den ganzen Rest müßt Ihr jetzt ertragen - voilà:


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