Vorletzte Station unserer China-Erkundung - oder - Stilles Örtchen einmal anders
So ein entspanntes Reisen ist für uns ganz ungewohnt. Für gewöhnlich müssen wir selbst lenken, orientieren, Fotos schießen und Notizen machen. Wir zucken zusammen wenn das Telefon klingelt, da es ja ein havarierter Reiseteilnehmer sein könnte, der unsere Hilfe braucht. Wir sind immer ansprechbar, immer zuständig, immer im Dienst.
Bei dieser kleinen China-Vorreise wird uns alles abgenommen. Wir lassen fahren und haben Zeit, entweder die Landschaft zu betrachten oder gar die Reiseführer in Ruhe zu studieren. Wir haben sogar in jeder Stadt Fremdenführer, die sich am Ticketschalter anstellen und uns alle Sehenswürdigkeiten erklären. Ganz und gar ungewohnt.
Auf der Fahrt nach Datong zogen große landwirtschaftliche Flächen und kahle Berge an uns vorbei, bevor uns die Millionenstadt mit ihrem Häusermeer empfing.
Unser Fahrer brachte uns sicher durch den Verkehr, wobei überall regelwidrig rechts überholt und heftig gehupt wird. Irgendwann bog er ein zum chicen Grand Hotel, wo man uns bereits erwartete.
Unser Zimmer verdient eher den Namen Suite in der Größe einer luxuriösen Einzimmer-Wohnung, in der das Bad nicht als Naßzelle, sondern als Badeparadies bezeichnet werden könnte. Die geräumige Wanne hat dabei weniger unser Augenmerk als vielmehr die Toilette im europäischen Sitz-Stil.
Überall in den Hotels hatten wir bisher diese Toiletten. Überall sonst allerdings nicht. Es gibt ja beachtliche interkulturelle Unterschiede bei der Toilettenbenutzung. In China sind Hockklos Standard.
Manchmal hängt daneben eine Rolle Papier, manchmal auch nicht. In etwa 98% der Fälle ist der Halter leer, in den meisten Toiletten war nie ein Halter vorgesehen. Meist steht ein kleiner Eimern bereit, in den das benutzte Toilettenpapier (woher auch immer man es vorher selbst mitgebracht hatte) entsorgt wird.
Die Kunst besteht nun darin, sich nicht zu weit nach unten zu positionieren, da alles, was immer man auch entleert, eine gewisse Rückschlag-Reaktion auslöst. Will heißen: Aus dem kleinen wassergefüllten Loch (wenn es denn nur Wasser wäre!) kommen der hockenden Person Spritzer entgegen. Daher muß man auf dem Weg nach unten frühzeitig verharren, was ein enorm gutes Training für die Oberschenkelmuskulatur bedeutet.
Männer haben es natürlich leichter, denn die dürfen wie gewohnt zumindest am Pissoir im Stehen pinkeln. Man wundert sich nur anfänglich, warum auf eine der selbstverständlichsten Dinge der Welt schriftlich hingewiesen werden muß:
Bitte nach Benutzung spülen!
Die Sache ist nämlich die, daß mit einem kleinen Tretpedal gespült wird. Dieses Pedal ist strategisch ungünstig angebracht und zwar hinter dem Hockbecken.....aus Sicht der Tür. Man muß also mit einem großen Schritt über (!) das Becken treten, das Pedal betätigen und in einer Blitzreaktion den Fuß schnell genug zurück ziehen, bevor der Spülvorgang einsetzt und man einen Wasserstrahl gemischt mit was auch immer von unten ans Bein gespritzt bekommt.
Irgendwie kein Wunder, daß die meisten Chinesen auf das lästige Spülen verzichten. Da das Zielen in der nur halb abgesenkten Hockstellung auch nicht von jedermann in Perfektion beherrscht wird, ist der Boden einer solchen Bedürfnisanstalt in den seltensten Fällen einigermaßen trocken. Somit kann das schnelle Zurückziehen des Spül-Beines bei glitschigem Untergrund sogar gefährlich werden. Denn ausrutschen möchte man in einer dieser meist mit defektem Schloß ausgestatteten Boxen ums Verrecken nicht.
Zusammenfassend kann man sagen, daß so ein Grand Hotel durchaus seine Vorteile hat - ebenso wie später unsere eigenen Wohnmobile, in denen wir alles wesentliche immer dabei haben werden.
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