Mittwoch, 24. Mai  2017
Wir sind gerade in Calgary

Tag 12 / Fahretappe 8: Fort Steele (British Columbia) - Calgary (Alberta)  459 Kilometer

 

Vom Titan bis zu den springenden Büffeln

 

Wieder sind wir früh aufgebrochen - dieses Mal, um dem angekündigten Unwetter zuvor zu kommen. Der Plan funktionierte auch recht gut und so gab es nach knapp zwei Stunden Fahrt den ersten Fotostopp in der Sonne. Im Städtchen Sparwood ist der größte LKW der Welt zu bestaunen. Das grüne Ungetüm war von General Motors erbaut worden zum Schuttabraum im Kohlebau. Nachdem der Truck ausgedient hatte, ist er nun als Touristenattraktion ausgestellt.

 

 

20 m lang, fast 7 m hoch, über 7 m breit und 260 Tonnen schwer. Voll beladen brachte er es auf 600 Tonnen, die von 3300 PS bewegt wurden. Der 16-Zylinder Terex Titan verbrauchte dabei 265 Liter Kraftstoff in der Stunde (!). Wie gut also, daß sein Tank 3632 Liter (also 800 Gallonen) faßt. Unsere Tour-Teilnehmer, die sich beim Tanken immer wieder wundern, daß die amerikanischen Ford-Motoren der Wohnmobile so viel schlucken, blieb da die Spucke weg. Wieder müssen die Reiseleiter als Größenvergleich herhalten.

 

 

Nach dem Treffen mit diesem Monster-Truck rollten wir hinauf auf 1396 m Höhe, um auf dem Crowsnest-Pass die Rocky Mountains zu überqueren.

Es ist der niedrigste und südlichste Pass, was für entspanntes Fahren sorgte. Oben angekommen, erreichten wir die Grenze nach Alberta. Diese kanadische Provinz ist doppelt so groß wie Deutschland und könnte die Schweiz 16x fassen. Dabei leben gerade einmal 4 Millionen Menschen in diesem Präriestaat, etwa 10 % der kanadischen Gesamtbevölkerung. 

 

Das waren jetzt aber jede Menge Zahlen. Puuuh! Im Winter sollen riesige Schneemengen diesen Übergang zum Teil unpassierbar machen. Umso erstaunter waren wir über die kleinen Ortschaften, die das karge Hochplateau bevölkern. Bei so viel Platz im Land, warum kommt ein Mensch auf die Idee, in solch unwirtlicher Gegend zu siedeln?

 

 

Bald lagen die Rockies hinter uns und wir rollten auf 1200 m Höhe durch saftiges Grün und bewaldete Hügel. Ein Augenschmaus!

 

 

Von Ferne grüßten die 3000er Gipfel des Waterton Lakes Nationalparks, den wir aber rechts liegen ließen. Unser Tagesziel hieß nämlich Calgary, die größte Stadt der Provinz Alberta.

 

 

Und auf diesem Weg war noch ein absolut lohnender Abstecher eingebaut: Der "Head-Smashed-In Buffalo Jump", eine UNESCO Weltkulturstätte. An dieser felsigen Abbruchkante mitten im hügeligen Grasland hatten vor Jahrtausenden die Blackfoot-Indianer Büffel gejagt. Heute bereitet ein in den Fels hineingebautes Besucherzentrum die Geschichte dieser Jagdtechnik anschaulich auf.

 

 

Auf einem kleinen Pfad an der Abbruchkante kommt man direkt zu der Stelle, an der die Büffelherden in den Tod getrieben wurden. Die Indianer hatten damals noch keine Pferde und Gewehre. Daher zog sich ein Krieger das Fell eines Büffelkalbs über den Oberkörper und imitierte den Hilferuf des Jungen. Wenn die vorbeiziehende Büffelherde darauf aufmerksam wurde, lockte er sie immer weiter in Richtung des Abgrunds, der von den Weidegründen aus nicht zu sehen war.

 

 

Zusätzlich verkleideten sich Indianer mit Wolfsfellen als Raubtiere und versetzten die Herde in Panik. Diese lief in einer Stampede auf die Klippe zu und hatte keine Chance mehr zu stoppen, da die nachfolgenden Tiere von hinten schoben. So brachten es relativ wenige Indianer fertig, eine große Büffelherde zu erlegen, damit sie genug Nahrung und Felle für den Winter hatten. Wir wandelten lange durch das Info-Zentrum und waren begeistert von der tollen Präsentation.

 

 

Ja, das war die erste Hälfte des Tages. Und die zweite kommt sogleich......

 

Als wir diese Weltkultur-Stätte wieder verließen, lagen noch knapp 200 Kilometer vor uns. Das wäre im Prinzip größtenteils eine schnurgerade autobahnähnliche Schnellstraße mit 110 km /h Speedlimit gewesen. Nun aber setzte das am Vortag schon vorhergesagte Unwetter ein. Heftigste Winde sorgten dafür, daß wir nur langsam fahren konnten. Kurz vor Calgary begann ein Starkregen, der zur Stunde immer noch anhält. Zeitweise tanzten Schneeflocken vor unserer Windschutzscheibe. 

 

Alle waren froh, als sie den Campingplatz erreicht hatten. Daher heute kein Lagerfeuer in kurzen Hosen und Badeschlappen, sondern Wollsocken und Heizung auf Hochtouren. Die Wohnmobile schaukeln im Wind wie bei Seegang und keiner steckt mehr seine Nase vor die Tür.

 

Morgen dürfen sich die Fahrer erholen. Morgen kommen die Langschläfer zu ihrem Recht. Morgen starten wir erst um 12 Uhr mittags zur Busrundfahrt und Stadtführung durch Calgary.

Hoffen wir, daß sich das Wetter bis dahin beruhigt!


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