Jeder Abschied ist die Geburt einer Erinnerung
Was für ein Tag! Wir bekamen heute alles geboten: Eine Einführung in den Buddhismus, Lenin in Übergröße, die hübscheste Stadt Sibiriens und einen stimmungsvollen Abend mit spirituellem Ausklang.
Bei unserer Stadtrundfahrt wurde dieses Mal keine Kirche besucht - sondern eine der größten und wichtigsten buddhistischen Tempelanlagen Russlands, das Kloster Iwolginski.
Dieser „Dazan“, wie die buddhistische Lehrstätte auch genannt wird, ist eine Klosteruniversität mit verschiedenen Fakultäten, in denen Philosophie, Theologie und tibetanische Medizin gelehrt wird. Die Schüler kommen teilweise bereits im Kindesalter hierher und leben als Mönche in kleinen sibirischen Holzhäusern.
Eine weltweite Bekanntheit hat diese Anlage dadurch erhalten, daß hier dem exhumierten Leichnam von Hambo Lama Daschi-Dorscho Itigelow ein eigener Tempel erbaut wurde. Der Religionsführer starb 1927 und wurde 75 Jahre nach seiner Beerdigung aus seinem Zedernholzsarg geborgen, in dem er angeblich recht gut erhalten wie in Meditation vertieft im Lotussitz gefunden wurde.
Seither befindet sich die Mumie in dem reich verzierten Tempel, der nur von Mongolen besucht werden darf.
Diese reisen von weither an, um in traditioneller Kleidung dem „unverwesbaren Mönch“
ihre Ehrerbietung kund zu tun.
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In der gesamten Klosteranlage, die man im Uhrzeigersinn in einer „heiligen Runde“ durchschreiten muß, kommt man immer wieder an Gebetsmühlen vorbei, die man im Sinne der buddhistischen Lehre einmal, drei Mal, 7 Mal oder 108 Mal drehen sollte.
Kontrastprogramm:
Lenin, der bekanntlich Religion als „Opium für das Volk“ bezeichnete und zu dessen Lebenszeit viele sakrale Gebäude zerstört wurden, ist in der burjatischen Hauptstadt überpräsent.
In fast allen russischen Städten scheint es Lenin-Denkmäler zu geben aber in Ulan-Ude hat man auf seinen Körper verzichtet und nur den Kopf in 7,70 m Größe aufgestellt.
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Die riesige Bronzebüste wiegt 42 Tonnen und ist für die Bewohner der Stadt ein angesagter Treffpunkt für Hochzeitsgesellschaften.
Väterchen Lenin gibt seinen Segen und macht sich gut auf den Fotos.
Unsere Gruppe europäischer Touristen wird wie immer überaus freundlich von den Menschen begrüßt.
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Gegenüber von diesem eindrucksvollen Ortsmittelpunkt kommen wir zu einem anderen hübschen Platz mit musikalischem Springbrunnen. Zu bestimmten Zeiten, bewegen sich die Fontänen zum Klang der Musik und werden nachts sogar farblich untermalt.
Hier findet sich auch ein berühmtes Opern- und Theaterhaus. Wir staunen, was Ostsibirien alles zu bieten hat. Leider befindet sich das Ensemble auf Gastspielreise, sonst hätten wir uns gern eine Vorstellung angesehen.
Die Architekten haben es geschafft, das Gebäude in Form einer mongolischen Jurte zu erbauen, was vor allem im Innenraum zur Geltung kommt. Ein ausdrucksstarkes Denkmal wurde der langjährigen Prima Ballerina und ihrem Partner und Ehemann gesetzt.
Ein Rundgang durch die moderne und gepflegte Fußgängerzone rundete unsere Stadtführung auf angenehme Weise ab. Alle Tour-Teilnehmer waren überrascht und erfreut darüber, was diese Stadt so weit im Osten Russlands zu bieten hat.
Und in der Tat - sie hatte noch viel mehr zu bieten. Nämlich ein tolles Restaurant, das wir zu Fuß erreichten, um gemeinsam Abschied von Russland und Abschied von Sascha zu nehmen. Wie immer in Russland wurde so viel aufgetischt, daß wir gar nicht wußten, was wir zuerst essen sollen.
Dann aber kam es zu einer hoch emotionalen Unterbrechung der Speisenfolge. Joachim hatte sich verdient
gemacht durch die Organisation und Durchführung einer Sammelaktion für unsere liebe Sascha.
Also überreichte er auch das Trinkgeld mit netten Worten, die der Burjatin ein paar Tränchen in die Augen trieben.
Sascha bedankte sich wortgewandt und tröstete die Gruppe damit, daß sie zwar nun nach Hause müsse, sie ihr „Teil“ aber zwei weitere Monate bei uns lassen würde.
Gemeint war wohl „ihre bessere Hälfte“ und alle lachten fröhlich über diese charmante Wortwahl, besonders Tysren, der „sein“ Teil liebevoll in den Arm nahm.
Immerhin müssen die beiden nun eine längere Trennung ertragen - zum Wohl der Gruppe, die auf Tsyren als Mechaniker praktisch nicht verzichten kann. Das verliebte Paar wollten ein paar Paparazzi natürlich sofort im Bild festhalten.......
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Als krönenden Abschluß dieses wirklich denkwürdigen Abends bekam jeder Tour-Teilnehmer einen mit Helium gefüllten Ballon. Gemeinsam wollten wir die Ballons mit guten Wünschen in den Himmel aufsteigen lassen, denn gemeinsam sind wir stark. Zunächst zurrte und zerrte der Wind in eine Richtung, doch nach einem Moment der Besinnung, in dem jeder seinen persönlichen Wunsch im Geiste formulieren konnte, standen die weißen Ballons senkrecht über uns - bereit, die Botschaft in den Himmel zu tragen. Mit diesem guten Karma, das wir schon am Vormittag durch Drehen der Gebetsmühlen in Gang gesetzt hatten, ging das Kapitel „Russland“ zu Ende.
Jeder Abschied ist die Geburt einer Erinnerung. Wir werden dieses gastfreundliche weite Land und unsere liebswerte Sascha in guter Erinnerung behalten. Komm gut heim, Sascha!
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