Also sprach Zarathustra
Da Reisen bekanntlich bildet, wurde heute eine Menge getan für das religiöse Verständnis alter Kulturen. In vorchristlichen Zeiten lebte der altiranische Prophet Zoroaster, auch Zarathustra genannt. Lange dominierten seine Anhänger, die Zoroastrier, die Region des heutigen Ost-Iran. Im Laufe der Jahrhunderte wanderten sie weiter südlich nach Indien in die Nähe des heutigen Mumbai, wo noch etwa 100.000 Anhänger dieser Religionsgemeinschaft leben. Im Iran ist die Zahl der Zoroastrier auf etwa 30.000 zurück gegangen, die aber nach wie vor sehr präsent sind.
Wir hatten am Fuße des Tang-e Chakchak Feuertempels übernachtet, um heute Morgen in aller Frühe gemeinsam den dortigen Priester zu besuchen.
Der Tempel liegt versteckt in einer Felshöhle. Drumherum wurden terrassenartig einfache Unterkünfte in den Berg gebaut, die die vielen Gläubigen beherbergen sollen, die jedes Jahr zum Sommeranfang Mitte Juni zu einer mehrtägigen Zeremonie anreisen. Der Anstieg war heftig und wir konnten nun endlich verstehen, warum die frühe Zeit gewählt worden war. In der Kühle des Morgens war es trotzdem eine schweißtreibende Angelegenheit.
Die uralte Platane am Eingang des Tempels gilt ebenso als heilig wie die unaufhörlich leise tropfende Quelle, die mit dem leisen ChakChak-Geräusch, das sie verursacht, für den Namen verantwortlich ist.
Der Priester, traditionell in Weiß gekleidet, ist der Hüter des Feuers und dafür verantwortlich, daß es niemals erlischt. Alle Feuer der Zoroastrier stammen von einem heiligen Feuer, das wir noch am selben Nachmittag im Zielort Yazd besuchen würden.
Auf dem Weg nach Yazd lohnte ein Abstecher nach Meybod, eine sehr alte Stadt an der südlichen Seidenstraße. Auf einem Hügel im Zentrum liegt die Festung Qaleh Narin. Die aus Lehmziegeln erbaute Zitadelle diente früher zur Verteidigung dieses wichtigen Verkehrsknotenpunktes an der Karawanenroute von Yazd über Tabas nach Mashhad - also genau der Weg, den wir gekommen waren. Heute bietet sie einen wunderschönen Blick über die typischen Lehmbauten der Stadt.
Von dort oben sieht man in der Ferne den Yach-tschäl, den 15 Meter hohen Kühlturm, der über komplexe Belüftungssysteme dafür sorgte, daß das im Winter eingelagerte Eis während der Sommermonate zur Lagerung von Lebensmitteln verwendet werden konnte. Die Außenmauer ist am Fundament 2,4 Meter dick und wird nach oben hin der Statik wegen immer dünner. Unter dem kuppelartigen Aufbau befindet sich ein großer tiefer Speicherraum.
Auch bei unserer Stadtbesichtigung in Yazd erfuhren wir interessante Details über Aerodynamik und waren fasziniert davon, welches umfangreiche physikalische Wissen die Menschen in alten Zeiten bereits hatten.
Im Dolat Abad Garten bestaunten wir einen Windturm, der als antike Klimaanlage bestens funktionierte.
In ebendiesem Garten lernten wir ebenfalls, was die unterschiedlichen Formen der Türklopfer bedeuten.
Die eckigen waren Männern vorbehalten, die runden wurden von Frauen betätigt.
Da der eckige Klopfer tiefere Töne verursacht, wußten die Damen im Haus, daß ein Mann um Einlaß bittet, und so konnten sie vor dem Öffnen der Tür ihre Kopftücher anlegen.
Ein iranisches Paar war so nett und demonstrierte uns dies fürs Foto.
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In Yazd befindet sich heute das Zentrum der Zarathustrier. In ihrem Tempel Ateshkadeh, der 1934 von Glaubensbrüdern aus Indien gestiftet wurde, brennt das ewige Feuer. Der Überlieferung nach brennt es schon seit 1500 Jahren und wurde während dieser Zeit ununterbrochen von Priestern gehütet und weiter gegeben.
Auch ein Bildnis des Religionsgründers findet man dort mit ausgestrecktem Zeigefinger:
Also sprach Zarathustra
Er sprach offensichtlich auch ein Verbot aus, Tote in der Erde zu bestatten. Die Elemente Feuer, Wasser, Luft und Erde sind heilig und kein „schmutziges“ Fleisch darf die Erde verunreinigen. Daher hat man über Jahrhunderte die Toten auf sogenannten „Türmen des Schweigens“ aufgebahrt, nachdem man sie zuvor in den Gebäuden am Füße des Hügels für den Übergang in die andere Welt vorbereitet hatte. Den Geiern kam dann die Aufgabe zu, das Fleisch der Leichen zu beseitigen, bevor die Knochen später separat bestattet wurden. Diese Praxis ist erst seit etwa 40 Jahren verboten.
Als der Abend schon dämmerte, bummelten wir durch die historische Altstadt, die uns mit ihren Lehmhäusern und engen Gassen verzauberte. TausenundeineNacht-Feeling!
Wieder einmal schlagen zwei Herzen in unserer Brust. Wir würden gern länger verweilen und uns treiben lassen von dem orientalischen Leben in Yazd. Wir würden gern shoppen in den vielen kleinen Kunsthandwerkerläden und auch die Freitagsmoschee noch näher betrachten. Aber wir möchten auch viel sehen und viel lernen und deshalb müssen wir weiter und immer weiter......
Vor der Amir Tschachmagh Moschee verabschiedete uns ein grandioses Wasserspiel.
Nach einem gemütlichen Abendessen im Silk Road Hotel, bei dem die meisten Tour-Teilnehmer zum ersten Mal Kamelfleisch probierten, verabschiedete sich Yazd stimmungsvoll von der Reisegruppe, die um viele Informationen und Eindrücke reicher weiterfährt zur nächsten Seidenstraßen-Stadt.
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