Dreifach ist der Schritt der Zeit:
Zögernd kommt die Zukunft hergezogen,
Pfeilschnell ist das Jetzt entflogen,
Ewig still steht die Vergangenheit.

(Friedrich Schiller)

Liebe Freunde,

bevor das alte Jahr in der Vergangenheit versinkt und für immer still steht, möchten wir es - wie gewohnt - noch einmal vor unserem geistigen Auge vorüberziehen lassen.


Für alle Lesefaulen stellen wir traditionell eine Kurzversion voran:

Unser Innenminister, Thomas de Maizière, machte sich einmal öffentlich über die Frage Gedanken: „Wie wollen wir in Zukunft leben?" Seine Antwort darauf: „Lieber gut leben als viel haben. Auf Wohlstand verzichten, um mehr Zeit zum Lesen zu haben."

Diese klugen Sätze haben wir in 2010 zu unserem Motto erkoren.

Außerdem haben wir die Märchen aus Kindertagen nicht vergessen. Besonders angetan hat es uns die wundersame Geschichte vom „Hans im Glück". Je weniger er hatte, desto unbeschwerter und freier fühlte er sich und desto glücklicher wurde er. So ging es auch uns.
In den letzten Jahren hat sich unsere Wohnfläche kontinuierlich verkleinert.

Von einem Haus mit Garten (100qm) über eine Wohnung mit Terrasse (60qm) bis zu einem Wohnmobil mit der ganzen Welt (10qm). Je kleiner der Besitz, desto glücklicher und zufriedener wurden wir. Nun haben wir einen Zustand der Freiheit erreicht wie ihn wohl die Cowboys kannten, wenn das gesamte Hab und Gut bequem in die Satteltaschen paßt.

Damit ist eigentlich schon alles gesagt!

 


Und nun für Interessierte die ausführlichere Version:

„Die großen Augenblicke sind die, in denen
wir getan haben, was wir uns nie zugetraut hätten."

Was immer die Schriftstellerin Marie von Ebner-Eschenbach damit gemeint haben mag, es faßt ganz nett die Umbrüche zusammen, die unser Leben in 2010 bestimmten. Aber der Reihe nach:


Am 1. Januar fängt das Jahr für viele Deutsche sogleich mit Chaos an den Geldautomaten an. 30 Millionen fehlerhaft programmierte Mikrochips auf EC-und Kreditkarten können den Datumswechsel nicht verarbeiten.

Wir verarbeiten den Jahreswechsel auf einer der direkt am Wohnmobilstellplatz beginnenden Harzer Loipen in Braunlage und tun etwas für unser „Bewegungskonto". Dann werden den Behörden CDs mit Daten von Steuerhinterziehern zugespielt. Manch einer fährt nach Liechtenstein, um zu retten, was zu retten ist. Wir fahren lieber nach Sankt Peter-Ording und retten uns von Eisscholle zu Eisscholle trockenen Fußes am Strand entlang.


Im Februar kämpfen in Vancouver die Athleten um olympische Medaillen und auch wir verfolgen am Fernsehschirm wie die Eisschnell-Läuferin Anni Friesinger bäuchlings über die Ziellinie rutscht. Sie sichert sich damit die Goldmedaille.

Wir bleiben lieber zwei Wochenenden in Sicherheit zu Hause, denn wir wollen nicht über die eisigen Straßen rutschen. Zum Biikebrennen zieht es uns dann aber doch nach Sankt Peter-Ording. Ebenso gut hätten wir nach Grönland fahren können, denn eine kilometerlange Steilküste aus Eis empfängt uns am Strand und sorgt für traumhafte Eindrücke.

Als Deutschland endlich aus dem Griff der arktischen Tiefdruckzone entlassen wird, greift die Polizei zu. Mitten in der Fastenzeit wird mit Margot Käßmann die ranghöchste Protestantin mit Alkohol am Steuer erwischt. Wir werden zum Glück nicht erwischt, als wir unseren PKW dem Neffen zum Ausschlachten nach Heide bringen. Längst zeigt die TÜV-Plakette ein völlig falsches Datum aber für unsere Zukunftspläne lohnt eine Reparatur nicht mehr. Zur Entspannung nach diesem „Vergehen" besuchen wir die Sauna der „Dithmarscher Wasserwelt".


Im März heißt es auf der ganzen Linie „rien ne va plus". Im Luftverkehr geht nach dem Ausbruch des isländischen Vulkans mit dem Zungenbrechernamen nichts mehr, in Berlin bleiben den Teilnehmern eines Pokerturniers die Asse im Ärmel stecken als ein Überfallkommando den Saal stürmt und auch Herr Kachelmann hat vorerst ausgespielt.

Wir treffen uns zum Doppelkopfspiel mit anderen Wohnmobilfahrern ausgerechnet wieder einmal in SPO. Es wird ein Wochenende mit vier Paaren, die sich sonst eher zufällig über den Weg fahren, diesmal aber fast alle aus Kiel kommend an der Nordsee ein Rendez-Vous vereinbart haben. Nachdem der Wettermann nun sein neues gekacheltes Domizil ausgiebig testen kann, testen wir den neuen Stellplatz in Scharbeutz und freuen uns über ein sonniges Wochenende an der Ostseeküste.


Im April steht Griechenland wirtschaftlich am Abgrund und muß seinen Lebensstil komplett umkrempeln. Wenn der Euro-Rettungsschirm doch noch eine glimpfliche Landung garantieren soll, dann muß sich das Land von einigem Luxus verabschieden, unter anderem vom 14. Monatsgehalt, dem „Ostergeld".

Wir verabschieden uns kurz nach Ostern, am 10. April, endgültig von unserer Wohnung und ziehen ganz und gar in unseren Phoenix ein. Das krempelt zwar unseren Lebensstil komplett um aber nicht weil wir wirtschaftlich am Abgrund stehen, sondern weil es schon lange unser Traum ist. Wir wohnen während der Arbeits-woche auf dem Kieler Stellplatz direkt am Ufer des Nord-Ostsee-Kanals und lassen die großen Schiffe an unserem Wohnzimmer vorbeigleiten.

Im niedersächsischen Landtag wird die erste türkischstämmige Ministerin vereidigt und zum ersten Mal bezwingt eine Frau alle 14 Gipfel der Achttausender. Wir wollen zwar nicht so hoch hinaus aber auch für uns gibt es ein Novum: Wir leisten uns Hybrid-Räder mit „Rückenwindfunktion" und müssen fortan mit dem Spott leben, „Seniorenfahrräder" zu besitzen.


Im Mai sagt Horst Köhler: „Ich bin dann mal weg." Auch wir verabschieden uns vom Chef und den Kollegen und schließen für vier Wochen die Bürotür hinter uns zu. Auf geht's zur Schwäbischen Alb, wo die Jetstream-Fahrräder am Berg getestet werden sollen. Übersetzt heißt „Jetstream" immerhin „Strahlströmung" oder „schmales Starkwindband". Wie ein Rückstoßschub fühlt es sich dann auch tatsächlich an, wenn wir Stufe 4 eingeschaltet haben und gleichzeitig in die Pedale treten.

Der FC Bayern München wird zum 22. Mal deutscher Fußballmeister und wir treffen Jogi Löw in Stuttgart. Na ja, treffen ist zu viel gesagt....wir erhaschen einen Blick vom obersten Fußball-Lehrer, der im Mercedes-Benz-Museum das Aufgebot für die Fußball-WM bekannt gibt. Dann fahren wir runter zu den Bayern und verbringen einen Tag in der legendären Erdinger-Therme, dem weltgrößten Saunaparadies!

Thomas Gottschalk wird Opa und wir bekommen zeitgleich unser erstes Enkelkind. Der kleine Lias muß natürlich gleich einmal begrüßt werden.

Und dann auch noch das: "Wir sind Lena!" Der Eurovision Song Contest wird als Public-Viewing-Event überall gefeiert aber nirgends so groß wie in Lena Meyer-Landruts Heimatstadt Hannover. Und wir mittendrin!!! Was hätte uns früher dieser Gesangswettbewerb schon interessiert? Eigentlich Null. Aber mitten im Herzen der jubelnden Menge werden wir mitgerissen und feiern jeden errungenen Punkt mit.


Im Juni wird aus dem niedersächsischen Ministerpräsidenten Christian Wulff unser neuer Bundespräsident . Wir erleben bei der Eröffnung des Schleswig-Holstein-Tages in Rendsburg den dortigen Ministerpräsidenten Peter Harry Carstensen, der sich köstlich mit dem Maskottchen amüsiert.

Und dann kommt sie endlich mit voller Wucht: Die Fußball-WM. Wir ziehen für drei Wochen bei unseren besten Freunden ein, um ihr Haus zu hüten während sie im Urlaub weilen. Das ist die offizielle Version. Der eigentliche Grund ist ein riiiiiiiiiiesiger Flachbildschirm an ihrer Wohnzimmerwand, auf dem wir Jens Lehmanns legendären Zettel vor dem Elfmeterschießen hätten lesen können. Leider spielt er aber diesmal nicht mit.

Kathrin fährt zwischendurch nach Innsbruck, um unserem Sohn Jonas nach seinem Motorradunfall im Krankenhaus beizustehen. Alles geht zum Glück noch einmal glimpflich aus. Nur nicht für Diego Maradona, der bittere Tränen vergißt als die Argentinier unserer Elf mit 0:4 unterliegen und nach Hause fahren müssen.


Im Juli werden die ICEs zur Sauna. Die Zeitungen titeln: „Deutschland glüht!""Jahrhunderthitze" und „Hitzestau im Büro, was tun?" Wir wissen, was zu tun ist. Kurz nach 6 Uhr fängt unser Arbeitstag an und so früh wie möglich radeln wir zurück zum Kieler Wohnmobil-Stellplatz am Nord-Ostsee-Kanal. Direkt an der Wasserkante läßt es sich aushalten. Wir sitzen bis spät in die Nacht draußen und schauen den Ozeanriesen hinterher. Viel Besuch kommt vorbei und wir sitzen gemeinsam, trinken kalten Weißwein und blicken übers Wasser. Was könnte schöner sein?

Zwischendurch werden die Spanier zum ersten Mal Fußball-Weltmeister und Jogis Jungs erringen den besten nur möglichen Platz, den dritten (aber dazu später mehr!). Und Orakel Paul hat sowieso alles vorher gewußt.
Und dann kehrt auch noch Robbie Williams zu seiner alten Band „Take That„ zurück. Die Jungs spielen zwar nicht beim Kitesurf-Worldcup auf der großen Bühne am Strand von Sankt Peter-Ording aber dafür sehen wir den Sänger Jan Delay und jede Menge coole Kiter, die auf ihren Brettern tollkühne Sprünge in den Wellen zeigen. Was für ein Sommer!
Zu guter Letzt heiratet auch noch Chelsea Clinton. Angeblich kostet das Menü für jeden der 500 geladenen Gäste 1500 Dollar. Ganz so viel lassen wir uns unseren Ausstand vom Berufsleben nicht kosten aber wir feiern eine nette Abschiedsparty mit lieben Kollegen und dann sind wir einfach weg................


Der August wird der nasseste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen in1881. Das bekommen ganz besonders die Demonstranten am Stuttgarter Hauptbahnhof zu spüren, denn dort rückt die Polizei mit Wasserwerfern an.

Wir brechen auf zu unserer „Großen Tour" auf unbestimmte Zeit mit unbestimmtem Ziel. Und wieder einmal haben wir Glück, denn an der Nordseeküste genießen wir viele Sonnenstunden.

Von Cuxhaven aus geht es immer entlang der ostfriesischen Küste. Was sich zu Anfang wie Urlaub anfühlt, dringt erst nach und nach ins Bewußtsein ein. Besonders schön ist es, wenn Regentropfen am Montagmorgen aufs Alkovendach klopfen und wir gemütlich liegen bleiben können.


Und dann kommt im September auch noch ein neues Buch heraus. Der unverbesserliche Thilo Sarrazin spricht , wie von ihm gewohnt, ein paar unbequeme Wahrheiten laut aus, streut aber dummerweise auch noch einen Haufen Unsinn mit ein, der zu heftigem Schlagabtausch in den Talkshows führt.

Wir bereisen und erwandern den Teutoburger Wald und besuchen das Hermannsdenkmal, wo es einst zum Schlagabtausch zwischen den unverbesserlichen Römern und Hermann dem Etrusker kam. Hätte es damals schon die Nacktscanner gegeben, die gerade am Hamburger Flughafen eingeführt und heftig diskutiert werden, wäre die Schlacht vielleicht unblutiger ausgegangen.

Die schwarz-gelbe Bundesregierung beschließt eine Verlängerung der Laufzeiten für AKWs. Wir verlängern unsere „Laufzeiten" auch, denn nach vier Wochen Fahrrad fahren in Ostfriesland müssen wir uns erst einmal wieder an die Wanderschuhe gewöhnen. So fahren wir in den Harz und freuen uns über die Herbstfärbung.


Das schönste Ereignis im Oktober ist sicherlich die Rettung der verschütteten Bergleute in Chile und die weltweite Freude und Feier dieses Ereignisses. Die Rettungskapsel hört auf den Namen „Phoenix" und so feiern wir natürlich kräftig mit. In Braunlage auf dem Stellplatz findet ein zünftiges Oktoberfest statt mit Haxn und Faßbier. Viele liebe Bekannte treffen ein und es gibt ein lautes Hallo.

Bundespräsident Wulff hält seine erste große Ansprache und verkündet frisch von der Leber weg: „Der Islam gehört zu Deutschland!" Das muß man erst einmal so richtig einsickern lassen....Bei uns sickert leider Regenwasser durchs Dachfenster. Da muß etwas geschehen! Wir fahren zu dem Händler, der jährlich unsere Dichtigkeitsprüfung macht und lassen das Heki neu eindichten. Auf diese Weise finden wir uns plötzlich in Norddeutschland wieder.
In der Schweiz durchstößt die Tunnelbohrmaschine Sissi nach 11 Jahren Arbeit unter dem Gotthardmassiv den weltlängsten Tunnel. Auch bei Hans-Hermann wird gebohrt. Der Zahnarzt wird wohl hoffentlich nicht genauso lange brauchen aber er hält uns zunächst einmal im Norden fest.
Wollten wir nicht gen Süden? Na ja, einmal vom Kurs abgekommen, können wir ja auch mal wieder an die geliebte Nordsee fahren!


Im November enthüllt eine Skandalbiografie, daß der schwedische König Carl Gustaf ein rechter Hallodri ist mit Beziehungen zum und im Rotlichtmilieu. Und dabei hatten wir ihn immer für erz-brav gehalten und ihn uns vorgestellt, wie er seinen Kindern vor dem Einschlafen die Geschichten von Nils Holgersson vorliest. Den kleinen Kerl sehen wir nicht in SPO aber tausende von den Wildgänsen auf denen er immer unterwegs ist. Die Nonnengänse rasten nämlich an der Küste vor ihrem Vogelzug in den Süden und wir haben tolle Fotomotive.

Auch wenn wir mit unserem Phoenix uns eine eher gemächliche Fahrweise angeeignet haben, so freuen wir uns doch mit Sebastian Vettel, als er schluchzend über die Ziellinie fährt und jüngster Formel1-Champion wird. Wir lassen uns fahren und setzen mit der Fähre über zur Insel Sylt, wo wir es ganze drei Wochen aushalten und das Aerosol der Nordsee atmen.

Google Street View stellt erste Aufnahmen von deutschen Städten ins Netz. Was die können, können wir auch! Wir recherchieren an 24 besonderen Orten auf der Insel, fotografieren innen und außen und bereiten die Enthüllungen für unseren Adventskalender vor.


Im Dezember gibt Jopie Heesters an seinem 107. Geburtstag das Rauchen auf. Man muß ja schließlich auf seine Gesundheit achten. Auch unser Zahnarzt will nur das Beste für unsere Gesundheit und so liegt dort noch einmal ein Termin an.

Dann sagt der Wetterdienst wieder einmal eine „Schneewalze" voraus. Wir machen einen kurzen Zwischenstopp auf dem Lüneburger Weihnachtsmarkt und fahren dann direkt auf schnellstem Wege nach Braunlage, wo wir über die Weihnachtsfeiertage und den Jahreswechsel wieder viele bekannte Gesichter treffen.

Der „Wutbürger" wird zum Wort des Jahres gewählt. Aber wir können gar nicht wütend sein. Wir erleben eine wunderbare weiße Märchenlandschaft und gewinnen dem Winter viele schöne Seiten ab. Die Langlaufski fahren wir schließlich das ganze Jahr über im Bauch des Phoenix herum - jetzt dürfen sie raus an die frische Luft. Aber auch zu Fuß erkunden wir neue Wege.

Zu Weihnachten wird Elton John Vater oder Mutter eines Sohnes (so genau weiß man das auch wieder nicht!). Was wir wissen ist, daß wir viel Freude mit unserem Sohn Nils haben, der uns über die Feiertage im Phoenix besucht. Allerdings muß man ja aus seinen Fehlern lernen - beim nächsten Mal würden wir ihm beim Scrabble das Wort TOPLAGERHAUSTÜR nicht mehr durchgehen lassen. Damit muß man ja gewinnen.


Andererseits hatten wir ja oben schon erwähnt, daß der erste Platz gar nicht unbedingt der beste ist und der zweite auch nicht.

Bronze, danach sollte man streben! Wer ganz oben auf dem Treppchen steht, hat alles erreicht. Von da an kann es nur bergab gehen. Der Zweite ärgert sich, daß er knapp den Sieg verpaßt hat (...so ein Mist aber auch!) Und was denkt der Dritte? „Juhu, war knapp aber hat gerade noch fürs Siegerpodest gereicht."

 


In diesem Sinne wünschen wir allen unseren Freunden und Bekannten ein wunderbares Jahr 2011.


Und immer dran denken: „Man muß nicht überall der Beste sein, um sich glücklich zu fühlen." Oder wie Eckart von Hirschhausen sagen würde: „Auf dem Weg vom Tellerwäscher zum Millionär kann man auch mit einer Spülmaschine zufrieden sein."
Wir spülen von Hand und sind dabei sehr glücklich....
....zumindest solange wir die Kernfrage: „Bin ich noch normal?" im Stillen so beantworten können: „Nee, aber hoffentlich merkt es keiner!"

Bleibt schön gesund (und nicht zu normal!), alles Gute Eure Kathrin und Hans-Hermann

 


 

 

 

 

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