"Sankt Martin - der schönste Ort der Weinstraße"

So stand es im Reiseführer und wir fuhren mit einer gehörigen Portion Skepsis ob dieses Superlativs in den kleinen Winzerort zehn Kilometer südlich von Neustadt. Um es vorweg zu nehmen: die Beschreibung stimmt, keine Übertreibung, die Wahrheit - nichts als die Wahrheit! In diesen malerischen Ort verliebt man sich auf der Stelle.

Zum ersten Mal waren wir zu Ostern 2007 in der Pfalz und entdeckten dieses kleine Paradies. Im April blühen an der Weinstraße überall die Mandelbäumchen und das Klima ist so mild, daß Zitronenbäume voller Früchte auf den Terrassen und Höfen zu sehen sind.

Besonders schön aber sind Sankt Martin und seine Umgebung im September zur Weinlese. Das durften wir nun schon zweimal erleben und es fiel uns immer schwer, nach dem Urlaub wieder in den Norden aufzubrechen.

Der ganze Ort riecht dann nach neuem Wein. Überall fahren kleine Erntefahrzeuge durch die schmalen Gassen vollbeladen mit dicken Trauben.

Dieser an Gastwirtschaften nicht gerade arme Ort öffnet im Herbst für ein paar Wochen unzählige Straußenwirtschaften, wo man rustikal mit wildfremden Menschen an einem Tisch sitzt und sich schon nach dem ersten Glas vom neuen Süßen prächtig versteht.
Die Weinreben wachsen von Haus zu Haus über die Straße und hängen voller Trauben. An den Häuserfronten biegen sich die Blumenkästen unter der Last der üppig blühenden Geranien. In den gepflasterten Gassen bummeln Spaziergänger und Wanderer, denn Autos gibt es hier kaum.

Der Ort besteht eigentlich hauptsächlich aus Winzern und Gastwirtschaften. Auch ein ehemaliges Kloster wurde zur Probierstube umfunktioniert.

Wer gerne im Urlaub shoppen geht, ist hier falsch. Es gibt gerade einmal zwei Bäcker, die auch die nötigsten Lebensmittel führen, einen Metzger und einige Kunsthandwerker. Samstags kann man auf dem kleinen Wochenmarkt frisches Obst und Gemüse kaufen.
Hunger leiden muß aber niemand, denn die Pfälzer Küche ist deftig, lecker:
Wir haben versucht, im Laufe von drei Urlauben alle Gasthäuser durchzuprobieren. Es ist uns nicht gelungen. Dabei gibt es im „Krabbenescht“ Spanferkel mit frischen Pfifferlingen, im „Alten Rathaus“ Burgunderschinken mit Bratkartoffeln, bei „Rabe“ Saumagen mit Sauerkraut und in der „Martinusstube“ Dampfnudeln in Weinsoße. Frischen Flammkuchen bekommt man natürlich überall.

Wer gerne Pilze sammelt, wird in den Wäldern der Umgebung fündig.

Überhaupt ist der Pfälzer Wald mit 180.000 ha Fläche das größte zusammenhängende Waldgebiet Deutschlands. Allein von Sankt Martin aus sind viele Tageswanderungen möglich, ohne daß man mit Auto oder anderen Verkehrsmitteln erst ins Wandergebiet fahren müßte.

In der Umgebung gibt es reichlich Höhen und Gipfel (z.B. den Kalmit), von wo aus man einen weiten Blick über die Rheinische Tiefebene hat.

 

 

Gut zu erwandern sind auch die Kropsburg, die Rietburg und das Hambacher Schloß. Viele bewirtschaftete Hütten laden zum Vesper ein.

 

 

 

 


Ein besonders schöner Wanderweg führt durch das Felsenmeer zum Kalmit.

Wenn die Füße dann müde sind, kann man sich bei einer Weinprobe wieder erfrischen.

Wir schätzen besonders die besprochenen Weinproben der Juniorchefin auf dem
-Weingut Helmut Schreieck-  in der Friedhofstraße,

 

wo wir mit unserem Wohnmobil mitten zwischen den Reben auf einem schön angelegten Stellplatz stehen.

Nach der Verkostung steht das Bett vor der Tür, ...wenn man es denn noch findet.

Bei diesen Weinproben wird nicht nur ein guter Tropfen ausgeschenkt, sondern auch mit Hausmannskost eine Grundlage geschaffen, der Weinkeller mit den alten Barolofässern inspiziert, die gesamte Kelteranlage vorgeführt und eine Menge Geschichten im Pfälzer Dialekt erzählt. Kein Wunder, daß kaum ein Wohnmobilfahrer den Stellplatz ohne Weinkisten im Gepäck verläßt.

Obwohl die Reben in dieser Gegend auf Feldern ebenerdig angebaut werden und nicht in Weinbergen, ist es mehr eine Wandergegend als eine Fahrradlandschaft, denn über kurz oder lang kommen die Steigungen. Allerdings kann man bequem durch die Weinfelder nach Neustadt/Weinstraße fahren und auf dem Weg dorthin Maikammer einen Besuch abstatten, ein anderes reizvolles Winzerstädtchen.
Wenn man Glück hat, trifft man unterwegs ein Monster namens Vollernter.

Da der Wein so eben angebaut wird, hat ein findiger Kopf eine Maschine erfunden, die über die Rebstöcke hinwegfährt und dabei von links und rechts so heftig rüttelt, daß die Früchte ohne Stiele abfallen und aufgefangen werden. Ein Puster entfernt gleichzeitig eventuell abfallende Blätter und im Handumdrehen ist die Weinlese erledigt.

Daher ist der Pfälzer Wein auch nicht ganz so teuer, wie z.B. der Moselwein, der an den Hängen von Hand gepflückt werden muß.

Uns ist von den Besuchen in Sankt Martin besonders der Ausspruch des 80jährigen Seniorchefs Helmut Schreieck im Gedächtnis geblieben. Er sagt gern:

"Dies ist ein gottbegnadetes Land. Hier scheint die Sonne häufiger als im übrigen Deutschland."


Und das wirkt sich auf die Mentalität der Einwohner aber auch der Gäste aus. Es liegt eine Gelassenheit in der Luft, die ansteckend ist und die nicht nur mit dem Weingenuß zu tun hat auch wenn sich vieles in der Pfalz um den edlen Tropfen dreht.


Geht Dir im Lewe mol was denewe, dann brauchschd net alles glei uffzegewe.
E Gläsche Milde, e Gläsche Herwe bappt doch zusamme die greschde Scherwe.

 

Zuerscht e Vertel unn dann drei Achtel, dann kannschde singe hell wie e Wachtel.
Du brauschd kän Doktor un ach kä Pille unn kanscht debei den Durscht noch stille.


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